Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Haben Sie noch einen Autoatlas zu Hause? So ein dickes, unförmiges, in Leinen-Imitat gebundenes, Monstrum, in dem man nachschauen muss (oder darf), auf welcher Seite es denn jetzt weitergeht. Denn: so einfach umblättern geht nicht. Da käme man ja zu schnell ans Ziel. Solche Atlanten, in Zeiten meist von führenden Mineralöl-Herstellern gesponsert, unterlagen einem bestimmten Aufbau-System. Eines, das ich nie so richtig kapiert habe, wenn ich ganz ehrlich bin. Und dabei bin ich oft „nach Atlas“ gefahren, wenn ich in einer fremden Stadt unterwegs war, oder mir vorher eine Reiseroute rausgesucht hatte.

Denn im Gegensatz zur mobilen Jetztzeit-Generation musste man damals noch denken und nicht nur klicken, wenn man mit dem eigenen Auto von Punkt A nach Punkt B kommen wollte, ohne dabei unnötige Zeit zu verlieren. Inzwischen sind solche Wälzer längst vergessen; fast schon ein Relikt wie weiland die erste Luther-Bibel. Ewig her eben und von gestern. Denn heute fängt der mobile Mensch erst beim Navigationssystem an. Eine Erfindung, die uns alle virtuell an die Hand nimmt, bis sie mit sanfter, betörender Stimme mittelt: „Sie haben Ihr Ziel erreicht.“

Und jetzt so etwas: Navigationssysteme scheinen für Autofahrer ein Grund zur Frustration zu sein. Geht nämlich aus einer aktuellen Umfrage hervor, deren Ergebnis irgendein bedeutendes Marktforschungs-Institut der Nachwelt in dieser Woche hinterlassen hat. Was wären wir Alle ohne unsere Umfragen. Und unser Navi natürlich.

Die Mehrheit deutscher Autofahrer, so wird nämlich in besagter Pressemitteilung dargelegt, zweifelt demzufolge an der Zuverlässigkeit ihres Navigationssystems. Und jetzt kommt das wahrhaftig gar Erschreckende: Die Umfrage habe ergeben, dass mehr als die Hälfte der befragten Fahrer sich trotz Navi regelmäßig verfahre, was insbesondere bei Männern zu Wutanfällen führe. Im Originaltext heißt es: 29 Prozent der von Wutanfällen geplagten Teilnehmer dachten, dass sich diese Wutanfälle negativ auf ihre Fahrweise auswirken. Männer scheinen hierbei eher in Rage zu geraten als Frauen: 82 Prozent der Befragten, die angaben, wütend zu werden, sind männlich.

Natürlich: Wer ist wieder schuld daran, wenn miese Stimmung herrscht, weil man(n) wieder aus der Haut fährt? Immer feste druff auf ihn, der sowieso alles besser weiß und kann am Steuer. Der immer drauf besteht, selbst zu fahren, weil Sie ja wieder nur durch die Gegend schleicht und auf der Autobahn unsicher ist. Was im Übrigen kein Wunder ist, da Sie ja so selten fahren darf auf langen Strecken.

Heiliges Vorurteil, was wären wir ohne Dich? Und vor allem, was wären wir ohne Dich in Verbindung mit der x-ten Umfrage, die ohnehin nur das bestätigt, was wir alle schon längst wussten. Oder zumindest das, was wir Männer schon längst wussten.

Oder sind Sie etwa anderer Meinung, liebe Leserin?
Sie werden mich doch nicht in Rage bringen wollen …
Na gut, ich wünsche dennoch allen – Leserinnen und Lesern – ein frohes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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