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Kurt-J. Heering & Silke Porath: 111 Gründe, den Tatort zu lieben. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag; 9,95 Euro.

Ein Kommissar, der mit Wasser, Duschgel und Spülmittel ebenso auf Kriegsfuß zu stehen scheint wie mit den Verbrechern, die er jagt. Eine Schülerin, die in Panik einen zudringlichen Mitschüler erschlägt, als Täterin nach wenigen Minuten feststeht und dennoch für einen unglaublich spannenden weiteren Verlauf sorgt. Ein Ermittler, der neben einer belastenden Arbeit auch noch einen Tumor im Kopf akzeptieren muss.

Drei Beispiele, die zeigen, was bisweilen am Sonntagabend im ersten Programm untergeht: Dass jene Serie, die mit einem Intro aus gehetzt blickenden Augen und einem stilisierten Fadenkreuz beginnt, von Anfang an mehr bieten wollte als das bekannte Kommissar-sucht-und-findet-Täter-Schema (das an sich ja nicht schlecht sein muss, nur eben ohne Variation langweilig werden kann). Der Tatort sollte auch unter dem Aspekt Spannung bereiten, worauf denn die Fangemeinde sich diesmal einstellen muss.

Und die wurde in über 40 Jahren schon mal arg gebeutelt. Da war der eingangs erwähnte Horst Schimanski, dessen Auftreten ebenso ungehobelt war wie sein Äußeres. Da war Nastassja Kinski als Schülerin Sina, deren Affäre mit einem Lehrer aufzufliegen drohte. Da ist Ulrich Tukur, der aktuell vielleicht am ehesten auslotet, wie viel Exzentrik ein Publikum verträgt, das schon gewohnheitsmäßig zuschaut, wenn ein Tatort ansteht.

Dieses Büchlein listet in (angemessen) subjektiver Weise alles auf, was den Tatort so unverwechselbar macht und weiter machen sollte. Und zeigt, dass es extrem schwierig sein wird, das kantige Profil der Serie fortzuschreiben. Denn alle skandalösen Szenen, die immer wieder für kontroverse Aufnahme beim Publikum sorgten (Schimanski ab 1981, Reifezeugnis 1977, um nur diese zwei zu nennen), gibt es heute längst in irgendeiner (angeblichen) Reality-Serie. Wie gesagt: Es wird schwierig für die neuen Ermittler (z. B. Devid Striesow in Saarbrücken und Jörg Hartmann in Dortmund), noch echte Kracher zu zeigen. Schwierig, aber nicht unmöglich.

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