Herbstzeit ist Nebelzeit. Oktober, November: Das bedeutet nasse rutschige Fahrbahnen. Tonnenweise gefallenes, sich aufhäufendes Laub, das die Straßen zu gefährlichen, schmierigen Rutschbahnen werden lässt. Herbstzeit, das bedeutet aber auch „Hochkonjunktur“ für die Land- und Forstwirte und die Winzer in unseren Breitengraden. Dann wird geerntet. Dann werden Kartoffeln, Rüben, Trauben vom Acker oder aus dem Weinberg nach Hause in Stall und Scheune gefahren. Schwer beladene Milchlaster, die hektoliterweise das „weiße Gold“ beim Bauern abholen, bevölkern zusätzlich die Landstraßen. Kein Wunder, dass betroffene Verkehrsteilnehmer in solchen Situationen besonderen Gefährdungen ausgesetzt sind. So ein Traktor, Schlepper oder Milchlaster ist nun mal ein richtig „dicker Brummer“, mit schweren, meist dreckverschmierten „Walzen“ auf den Achsen. Und kein tiefer gelegter Polo GTI mit „Böhse-Onkelz“-Schriftzug auf der Folien-Heckscheibe.
Was tun also, um die (zu erwartenden) Unfälle am besten ganz zu vermeiden oder zumindest deren Schäden und Folgen möglichst gering zu halten? Ein Fahrsicherheits-Training der besonderen Art soll und kann da Abhilfe schaffen. Eines, das der ADAC seit Jahresbeginn auf seinem Übungs-Gelände im hessischen Gründau anbietet. Ein solches Training hat in dieser Woche das saarländische Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz für die Fahrer mit landwirtschaftlichen Maschinen absolviert. Die KÜS und der ADAC Saarland waren Partner der Aktion. Vor Ort in Gründau war auch die „First Lady“ des saarländischen Umwelt- und Verbraucherschutzes, Ministerin Anke Rehlinger.
Die Landespolitikerin wollte sich selbst ein Bild von der Vorgehensweise bei einem solchen Training verschaffen. Sie war sehr angetan, von dem, was sie in Gründau zwischen Rutschpiste, Wasserfontänen und eigens verschmutztem Kreisel sah. „Ein solches Fahrtraining schützt die Landwirte und die anderen Verkehrsteilnehmer vor schlimmen Unfallfolgen, davon bin ich überzeugt. Daher war es selbstverständlich, dass wir uns dabei engagieren. Ich finde es sehr gut, dass es solche Trainings gibt, und danke den Partnern der Aktion für die Unterstützung.“
Der Tag in Gründau begann mit einer theoretischen Einführung. Hierbei hatten auch die Prüfingenieure der KÜS, Stefan Ehl und Thomas Schuster, Gelegenheit, auf die technische Überwachung der Fahrzeuge und häufig auftauchende Mängel bei deren Hauptuntersuchung einzugehen. Das praktische Training beinhaltete alle Aspekte des Umgangs mit Landmaschinen. Die Instruktoren erklärten den Teilnehmern des Trainings, drei Gruppen zu je zehn Personen, wie wichtig eine richtige Sitzposition und die Einstellung des Spiegels sind. „Auf einem so großen Schlepper oder Traktor muss man den Überblick haben“, erklärt ADAC-Instruktor Peter Werner.
Zum Programm gehörte auch das Üben sicherer An- und Abkupplungsvorgänge ebenso wie das Rangieren mit Traktor und Anhänger. „Moderne Traktoren sind Hightech-Produkte und bringen als Schnellläufer gut 50 Stundenkilometer auf den Tacho. Sie nehmen am öffentlichen Straßenverkehr teil und sind von Gewicht und Größe in einer Reihe mit Lastkraftwagen zu sehen. Solche Geräte müssen perfekt beherrscht werden. Daher unterstützt die KÜS das Fahrertraining – im Sinne der Verkehrssicherheit“, so Peter Schuler, der Bundesgeschäftsführer der KÜS.
Hans-Werner Schäfer aus der saarländischen Gemeinde Blieskastel-Niederwürzbach war mit seinen 69 Jahren der Senior an diesem Tag. Der Nebenerwerbs-Landwirt fährt seit mehr als einem halben Jahrhundert auf solchen Schleppern. Zu Hause in der eigenen Scheune hat er selbst sechs verschiedene Traktoren. Ein „alter Fahrensmann“ also, dem so schnell keiner etwas vormachen kann auf einem Fendt oder Hanomag. „Es hat mir sehr gut gefallen heute“ bekennt Schäfer und ergänzt. „Wir haben gelernt, Situationen in Gefahrenbereichen zu erkennen, entweder vorbeugend zu fahren oder eben richtig zu regieren, wenn eine Kollision oder ein Unfall droht. Man schätzt gefährliche Situationen oft falsch ein oder unterschätzt sie. Auch wenn man so lange dabei ist wie ich“, bekräftigt Schäfer und vertritt vehement seine Meinung: „Bei 50 km/h sollte für Traktoren auch auf der Straße Schluss sein.“
Was müssen Landwirte, Winzer, Forstwirte oder Angehörige ähnlicher Berufsgruppen tun, wenn sie an einem solchen Fahrsicherheitstraining der besonderen Art teilnehmen wollen? Anmeldungen und weitere Infos gibt es bei Christoph Kallenborn vom saarländischen Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz unter c.kallenborn@umwelt.saarland.de oder unter Tel. 0681/5014144. Der Normalpreis beträgt 299 Euro. Dank der finanziellen Unterstützung von Berufsgenossenschaft, Sozialversicherung und Ministerien ergibt sich ein Sonderpreis von 100 Euro für Teilnehmer über 23 Jahre. Personen unter 23 Jahren zahlen nur 50 Euro.
Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Oliver Kleinz