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Opel feiert seinen 150. Geburtstag und ist dennoch weit entfernt von ungetrübter Champagnerlaune. Das Lächeln des Siegers zurückbringen soll aber ein ganzer Reigen neuer Modelle, nicht zuletzt das Cabriolet Cascada. Denn wie kaum eine andere Fahrzeugart vermitteln Faltdachkünstler Faszination und Lebensfreude, vor allem wenn sie erschwinglich sind.

Dabei hat Opel große Erfahrung, schließlich können die Rüsselsheimer in diesem Jahr gleich drei Cabriolet-Jubiläen zelebrieren. Vor 75 Jahren lief in Rüsselsheim die Produktion des ersten Kadett an, dies auch als elegante Cabrio-Limousine. Vor einem halben Jahrhundert startete im neuen Werk Bochum der Kadett der Nachkriegszeit seine Karriere, für Glanz und Glamour des biederen Kleinen sorgten bekannte Karossiers mit deutschen Cabriolets und italienischen Spidern. 25 Jahre später setzte Opel offiziell auf eine Allianz mit einem italienischen Couturier. Bei Bertone ging der geöffnete Kadett E mit zeitgeistigem Überrollbügel in Großserie. Aber auch abseits dieser Jubiläen durfte ein Cabriolet bei den Kompakten nie fehlen, wie zuletzt der Astra Twin Top mit klappbarem Stahldach demonstrierte. Ebenso gut fürs Markenimage dürfte der neue Cascada sein, jetzt wieder als offener Opel mit Stoffdach.

Image wussten vor 75 Jahren auch die Väter des Kadett zu schätzen, weshalb der kleinste Opel von Anfang an als klassischer Volkswagen in geschlossener Form und als Cabriolet-Limousine vorgesehen war. Revolutionär war dabei die Bauweise, denn nach dem Opel Olympia war der Kadett weltweit der zweite Großserienwagen mit selbstragender Ganzstahlkarosserie. Deutlich größer war dafür der Aufwand, ein Cabriolet auf selbsttragender Konstruktion zu entwickeln. Opel löste dieses Problem durch die Cabriolet-Limousine mit massiven feststehenden Fensterrahmen auf ebenso preiswerte wie pfiffige Art. Einerseits vermittelte Frischluft-Vergnügen in den 1930er Jahren zwar stets einen Hauch extravaganten Lifestyle, andererseits standen geschlossene Limousinen in den kleinen Automobilklassen noch immer für Luxus. Waren doch in den Kindertagen des Automobils die preiswertesten Fahrzeuge stets offen, Limousinen kosteten Aufpreis.

Die Cabriolet-Limousine kombinierte also auf fast ideale Weise Luxus und Lifestyle – das alles zu überschaubaren Kosten. Genau das war unerlässlich in einer Zeit, die auch den Volkswagen Käfer hervorbrachte. Die Preise für den Opel begannen bei 2.100 Reichsmark, 1936 für ein vollwertiges Familienauto fast unschlagbar wenig. Wirklich sensationell aber war die Preisgestaltung für die exklusive Cabriolet-Limousine, stand diese doch ohne Mehrkosten im Angebot. Über 100.000 Einheiten des Kadett mit 17 kW/23 PS leistenden 1,1-Liter-Motor liefen bis 1940 vom Band, während in Wolfsburg die Käfer erst in den Nachkriegsjahren in nennenswerter Stückzahl das Krabbeln lernten.

Alles neu machte das Jahr 1962. Der kantige Kadett A wurde gefeierter Kleinwagenstar, der die Bänder im Werk Bochum bis zur Kapazitätsgrenze belastete. „Eigene neue Produktionsstätte macht entsprechende Stückzahlen und volkstümlich knapp kalkulierten Preis möglich“, lautete damals eine Schlagzeile. Was fehlte im Werksprogramm war ein verführerischer Luftikus. Lifestyleorientierte Kunden verwiesen die Rüsselsheimer auf das neue Coupé, für die Cabriolets sorgten Karossiers. So schneiderte etwa der Karosseriebauer Welsch in Mayen aus Limousinen und Coupés Cabriolets. Die Fahrzeuge wurden entweder als Neuwagen auf Bestellung geliefert oder es wurden Kundenfahrzeuge umgebaut, wobei die Kosten zwischen 1.800 und 2.300 Mark betrugen. Nicht wenig in Relation zum gerade einmal 5.000 Mark teuren Einstiegspreis für den Kadett. Entsprechend klein blieb die Auflage. Noch rarer und kostbarer waren allerdings der aufregend schöne Spider, den der Turiner Designer Pietro Frua auf dem Genfer Salon 1964 enthüllte. Ein Jahr später trat der von Italsuisse gebaute Frua-Spider in Genf zum kleinen Concours d’Elegance an gegen den Kadett Spider der Turiner Carrozzeria Vignale.

Auch der 1965 lancierte Kadett B wurde nicht werkseitig ins Cabriolet-Programm aufgenommen. Dies gelang erst dem Kadett C von 1973. Schon beim Start des ersten als Weltauto konzipierten Kadett gab es 18 verschiedene Karosserie- und Motorvarianten. 1976 wurden diese ergänzt durch eine Targaversion, die zugleich an die Cabriolet-Limousinen der Vorkriegszeit erinnerte. Beim Kadett Aero konnte jedoch das Mittelteil des Dachs demontiert und im Kofferraum deponiert werden, während das Faltverdeck hinter dem massiven Überrollbügel konventionell zurückgelegt wurde. Gebaut wurde der Kadett Aero für Opel bis 1978 beim Stuttgarter Karossier Baur, immerhin 1.242 Kunden orderten den Luftikus, der nach Produktionsende schnell zum Liebhaberstück avancierte.

Die italienischen Momente im Leben konnten Opel-Kunden mit dem Kadett E genießen, der 1985 zum Cabriolet mutierte und zwei Jahre später in Serie ging. Gezeichnet und gebaut wurde die offene Version des Kadett im Designatelier des Kult-Couturiers Nuccio Bertone, der seine Carrozzeria mit Großserienproduktionen für Opel auslasten wollte. Der Beginn einer erfolgreichen Allianz, die über Jahrzehnte Bestand haben sollte. Im Kampf der Henkelmann-Cabrios der 1980er Jahre war der Kadett trotz massiven Überrollbügels stets die elegante Alternative zum steifen Golf Cabrio von Karmann. Stromlinienartige Formen machten zunächst die Kadett-Limousine zum Aerodynamik-Weltmeister, das Cabrio profitierte wenig später ebenfalls davon. Hinzu kamen alternativ sparsame oder starke Motoren, schneller als der Kadett GSI mit 85 kW/115 PS war in der nach oben offenen Kompaktklasse damals keiner. Über 60.000 Frischluftfreunde bestellten den Kadett, der das Beste aus Bochum und Grugliasco kombinierte.

Einziger Kritikpunkt beim geöffneten Kadett blieb über die gesamte Laufzeit die Fertigungsqualität, hier konnte es Bertone nicht mit Karmann aufnehmen. Entsprechend eindeutig waren die Vorgaben aus Rüsselsheim an die Italiener bei der Konzeption des Astra Cabriolets. Als der bügelfreie Viersitzer auf der IAA 1993 debütierte, feierten ihn Presse und Publikum als Inkarnation der „bella macchina“. Von teutonischen Charakteristika in Fahrwerk und Technik überzeugten sich die Fachmedien anschließend in Tests, bei denen es der Astra bisweilen sogar mit BMW 3er Cabriolets aufnehmen konnte. Hätte in jenen Jahren nicht Opel mit hauseigenen Qualitätsproblemen kämpfen müssen, wäre der Open-Air-Astra mit elektrischem Verdeck bereits eine preiswertere Alternative zum BMW 3er gewesen. Zum Bestseller stieg das bildhübsche Bertone-Modell dennoch auf. Und gewisse Langzeitqualitäten waren auch vorhanden, wie heute die im Straßenbild noch immer allgegenwärtigen Astra der Baureihe F demonstrieren.

Frischen Wind in die Klasse der kompakten Cabriolets für die ganze Familie blies Bertone im Jahr 2001 mit dem Opel Astra der Baureihe G. 147 kW/200 PS beschleunigten den Turbo-Benziner fast bis zur 250-km/h-Marke, alternativ begnügte sich ein Diesel mit 6,4 Liter Normverbrauch. Das Ganze verpackt in gefällige Formen und zu günstigen Preisen – eine Erfolgsformel trotz zahlreicher Konkurrenten. 2006 beugte sich die nächste Astra-Generation dem modischen Zwang des kostspieligen Stahl-Klappdachs. Ein aufwendiges Accessoire, das Opel als aufwändige dreiteilige Konstruktion zugunsten größeren Kofferraumvolumens lieferte. Seinen vorübergehenden Rivalen Ford Focus Coupé-Cabrio konnte der Astra Twin Top zwar bezwingen. Aber erst mit dem Cascada findet Opel jetzt zurück zum preiswerteren und puristischeren Textil-Top. Dafür soll sich der Cascada künftig nicht nur mit VW Golf oder Peugeot 308 anlegen, sondern nach oben orientieren, dort wo Audi und BMW daheim sind und der Saab 9-3 das Feld geräumt hat.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Opel/SPS

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