Motorrad-WM am Nürburgring: Heftige „Watschn“ für BMW

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Dem Triumph bei den Tourenwagen folgte ein Debakel bei der Motorrad-WM: Nur drei Wochen nach dem überlegenen Sieg des Kanadiers Bruno Spengler im M3 DTM auf dem Nürburgring musste BMW ausgerechnet beim „Heimspiel“ in der Superbike-WM an gleicher Stelle ein komplettes Desaster hinnehmen. Und das nicht nur in sportlicher, sondern auch in marketingtechnischer Hinsicht.

Es hätte alles so schön werden können für die traditionsreichen Münchener Motorrad-Rennsportler, die mit großen Hoffnungen und bester Ausgangsposition in die am Wochenende „heiße Hölle“ gekommen waren. Der italienische Werksprofi Marco Melandri als Spitzenreiter und heißer Titelanwärter, dazu BMW als Führender in der Konstrukteurswertung und mit der S 1000 RR eine Maschine, die die Szene dominiert.

Strahlender Sonnenschein, ungetrübte Zweirad-Festtage, Bikes und Leder-Kombis so weit das Auge reicht. Nur: Das Einzige, was den Weiß-Blauen beim Auftritt der Superbike-WM auf deutschem Boden nicht in den Kram passte, war das Ergebnis. Eine komplette „Nullnummer“ in zwei Rennläufen ihres italienischen Superstars hatten die Münchener jedenfalls nicht einkalkuliert.

Melandri, Vize-Weltmeister und Aufsehen erregende Neuverpflichtung der Münchener nach der vergangenen Saison, sah nach zwei spektakulären „Salti mortale“ über den Lenker ins Kiesbett in keinem der beiden Rennen über jeweils 20 Runden das Ziel. „MM“ überstand sein Eifel-Rodeo zwar gottlob unverletzt, seine Führung in der Weltmeisterschaft aber ist er zwei Rennen vor Saisonende erst einmal los. Von der Spitze grüßt stattdessen sein Landsmann Massimo „Max“ Biaggi, der das erste Rennen gewann, in Event Nr. 2 aber auch „den Kies küsste“ und seinen Vorsprung (318 : 308,5 Punkte) nur marginal ausbauen konnte. Da der zweite Werksprofi der Münchener, der Brite Leon Haslam, ebenfalls durch einen Sturz ausschied, hat BMW auch die Führung in der Herstellerwertung an Aprilia verloren.

Für BMW, beladen mit einer fast 90-jährigen Tradition im Motorrad-Rennsport und seit 2009 in der Superbike-WM engagiert, war der „Höllenritt am Ring“ vor 46.000 Zuschauern nicht nur sportlich, sondern auch Marketing-technisch ein heftiger „Kolbenfresser“. Zu Saisonbeginn hatte der Hersteller die neue Generation seines sportlichen Modells S 1000 RR eingeführt. Die Rennversion, beatmet von einem 220 PS starken Viertakt-Vierzylinder, sollte mit dem spektakulären Neueinkauf Melandri als „Frontmann“ nun für positive Zeilen und Zahlen sorgen. Ersteres in den Ergebnislisten, Zweiteres in den Verkaufsbüchern. Da tun zwei solche „Watsch’n“ wie am Wochenende ziemlich weh.

Die Münchener wollen sich nach dem „Reinfall am Ring“ jedoch mit Verve auf die beiden noch ausstehenden Renn-Wochenenden in Portugal (23. September) und Frankreich (7. Oktober) stürzen. „Wir haben ja nicht wegen unterlegenen Materials, sondern wegen zweier unglücklich verlaufener Rennen unsere Führung eingebüßt“, lässt der (vorerst) entthronte WM-Spitzenreiter Melandri verlauten. Für ein Herzschlagfinale zwischen dem Mann aus Ravenna und dem stolzen Römer Biaggi ist jedenfalls gesorgt. Und auch BMW hat durchaus noch die Chance, zum Saisonende dort zu stehen, wo „eine starke Marke wie BMW“ (so Motorrad-Chef Hendrik von Kuenheim) stehen sollte: ganz oben im Kampf um den WM-Titel.

Der Nürburgring indes scheint sich nach dem Sachsenring, der auf deutschem Boden das Monopol auf die Weltmeisterschaft in der Moto-GP hat, als weiterer Austragungsort für hochrangigen Motorradsport zu etablieren. Die Superbike-Heroen waren in diesem Jahr zum fünften Mal in Folge in der Eifel. Dies bei steigender Akzeptanz von Seiten der Hersteller und bei zufrieden stellenden Zuschauerzahlen. Es gibt also durchaus noch positive Nachrichten vom Nürburgring in diesen turbulenten Zeiten.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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