Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!
Es ist ein Jubiläum, das nicht gerade Mut zum feiern macht beim Jubilar in diesen Tagen: 150 Jahre wird der Autobauer Opel alt, und obwohl die Produkte des deutschen Herstellers, einer US-Tochter, so gut sind wie selten zuvor, könnten die Zukunftsaussichten nicht düsterer sein. Warum das so ist? – Opel hat derzeit einfach ein Image-Problem, alle Welt spricht nur über die Krise der Marke mit dem Blitz im Kühlergrill, aber nicht über deren Produkte. Der Marktanteil des einstigen großen VW-Konkurrenten beträgt in Deutschland derzeit nur noch 7,2 Prozent. Okay, auch in Südeuropa werden weniger Autos verkauft, und die große Konzernmutter in Detroit lässt die deutsche Tochter nicht auf die Erfolg versprechenden interkontinentalen Märkte. Warum aber verliert ein Hersteller, der nach wie vor eine große Fan-Gemeinde vor der Haustür hat, in seinem Stammland so viel, nicht nur an Umsatz, sondern scheinbar auch an Kredit?
Als die Rüsselsheimer vor einem viertel Jahrhundert mit Glanz und Gloria und dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl als Hauptredner der großen Jubiläumsparty 125 Jahre Opel feierten, hing der Himmel über Rüsselsheim noch voller Geigen. Der Autobauer hatte einen Marktanteil von mehr als 15 Prozent, verkaufte im Jubiläumsjahr fast eine halbe Million Autos. Solidität, Wertbeständigkeit und wirtschaftliche Kompetenz über Jahre hinweg versprachen diese Daten.
Doch es sollte anders kommen. Eine Menge falscher Entscheidungen in der Modellpolitik, die Vernachlässigung adäquater, fortschrittlicher Diesel-Modelle, und die Notwendigkeit zu personellen Einsparungen führten das Unternehmen in einen sich immer schneller drehenden Teufelskreis. Dabei war es nicht so, dass Opel auch in den 1990er Jahren und dem ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts keine guten Autos gebaut hätte. Doch Fahrzeuge wie der 2003 eingestellte Omega, der Geländewagen Frontera oder die Großraumlimousine Zafira konnten das Haus nicht mehr aus dem Sumpf des Niedergangs befreien. Ständige Reibereien mit dem Betriebsrat, der wie ein medialer Keulenschlag wirkende Rückzug aus der publikumswirksamen DTM-Rennsportserie: Das alles trug zur allgemeinen Verunsicherung rund um eine Marke mit großer Tradition bei. Die Marketingabteilung des Hauses macht derzeit wahre „Kopfstände“, um aus dem Dilemma heraus zu kommen. Hoffnungsträger sind noch in diesem Halbjahr der neue Kleinwagen ADAM, dessen Name an den Firmengründer erinnern soll, der Geländewagen Mokka und ein neues Stoffdach-Cabriolet, das den betagten offenen Astra vom Staub der Jahre befreien soll. An der Qualität wird es, wie etwa bei den Kreationen Insignia oder Astra GTC wohl nicht liegen. Das Opel-Problem ist ein hausgemachtes: Die Fahrzeuge verkaufen sich derzeit einfach alle unter Wert.
Im Juli dieses Jahres trat der neue Deutschland-Chef Thomas Sedran seinen Job bei Opel an. Vielleicht sollte er sich am Firmengründer orientieren, der vor 150 Jahren noch schlechtere Startbedingungen hatte: Adam Opel baute sein Unternehmen einst alleine aus dem Kuhstall seines Onkels heraus auf. So etwas müsste doch Mut machen.
Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun