Tradition: 20 Jahre japanische Supersportwagen

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Vorwarnungen hatte es immer wieder gegeben, dennoch hatte die westliche Sportwagenwelt nicht mit einer derart großangelegten Attacke japanischer Samurai gerechnet. Gleich fünf fernöstliche Marken wollten es vor 20 Jahren wissen: Wer war die Nummer eins auf schnellen Straßen und Strecken? Begonnen hatte der Kampf um die Pole Position auf Autobahn und Autodrom mit dem ersten Sieg eines japanischen Sportwagens beim Langstreckenklassiker in Le Mans. Mazda deklassierte im Juni 1991 an der Sarthe mit dem Wankelrenner 787B die geballte Konkurrenz westlicher Supersportler.

Genug Rückenwind, um ein Jahr später mit dem bis zu 176 kW/240 PS starken Serien-Rotarier RX-7 allen Porsche und Corvette zu zeigen, wo der Hammer in Sachen Leistungsgewicht hängt. Mehr Kraft stellte Toyota im 243 kW/330 PS freisetzenden Supra bereit, der damit die freiwillige Selbstbeschränkung japanischer Autobauer auf 280 PS durchbrach. Schnellster Markenbotschafter von Mitsubishi wurde der auf 210 kW/286 PS begrenzte 3000 GT. Komplettiert wurde Nippons Hochgeschwindigkeitsflotte durch den Nissan 300 ZX mit 208 kW/283 PS entwickelndem Twin-Turbo-Herz und dem kaum weniger kräftigen Honda NSX als weltweit erstem Serienfahrzeug mit Aluminiumkarosserie. Fünf Racer, denen die Presse bescheinigte, auch in heikelsten Kurven der Nürburgring-Nordschleife Ruhe zu bewahren. Ruhe herrschte allerdings auch schnell wieder an der Verkaufsfront, denn Preise jenseits der 100.000-Mark-Grenze fordern konnten damals nur prestigereiche Marken, etwa aus Maranello, München oder Stuttgart.

Woran es den Sportwagen aus dem Land der aufgehenden Sonne nicht mangelte, war Tradition. Schon 1966 errang der Toyota 2000 GT weltweite Bekanntheit als Dienstwagen des Kinohelden James Bond und wurde so zum globalen Türöffner für Toyota. Genau den gleichen Erfolg erzielte der Mazda Cosmo 110 S, der 1967 vor dem NSU Ro 80 als erster Zweischeiben-Wankelwagen Geschichte schrieb und in der Formensprache an den Ferrari Superamerica erinnerte. Bereits etabliert als Sportwagenspezialist war in jenem Jahr Honda durch die Bonsai-Roadster S360 bis S800. Nissan hatte mit seinem Roadster DC-3 sogar schon 1951 ersten Ruhm auf Rennstrecken geerntet und lancierte 1969 mit der 240 Z Fairlady den erfolgreichsten Sportwagen aller Zeiten. Einer der ersten Spezialisten für turboaufgeladene Kraftwerke war dagegen Mitsubishi.

Genug Sport-Geschichte geschrieben hatten die fünf Marken also bereits als sie vor 20 Jahren den ersten ernsthaften Angriff auf die Bastionen von Porsche, Jaguar oder Corvette wagten. Wichtigstes Ziel war zwar die Eroberung von Amerika als weltweit größtem Sportwagenmarkt, Prestige konnten die Japaner aber nur in Europa gewinnen – dem vermeintlichen Hochgeschwindigkeitsparadies und der Heimat fast aller schnellen Kultmarken.

Speerspitze der notorisch unterschätzten Asiaten war der Honda NSX. Die Mittelmotor-Fahrmaschine mit Karosserie und Chassis aus Aluminium war 1990 eine Weltneuheit. Unternehmensgründer Soichiro Honda und Formel-1-Legende Ayrton Senna hatten die Feinabstimmung des Fahrwerks vorgenommen, vielleicht um sich für den frisch erworbenen Weltmeistertitel in der Königsklasse des Motorsports zu belohnen.

Tatsächlich machte die 1,16 Meter flache Flunder erstmals Grand-Prix-Technik voll alltagstauglich, immerhin erreichte der bis zu 274 km/h schnelle NSX mit seinem hochdrehenden Sechszylinder problemlos Laufleistungen weit jenseits der 200.000-Kilometer-Marke. Dennoch fand der weitgehend in Handarbeit gefertigte NSX in 15 Jahren nur 17.600 Fans, davon lediglich 271 in Deutschland, dabei hatte Honda doch zunächst mit 6.000 NSX pro Jahr kalkuliert. Gescheitert war der Überflieger mit variabler Ventilsteuerung und Drive-by-Wire-Gaspedal nicht an Listenpreisen fast auf Ferrari-Niveau von bis zu 180.000 Mark, sondern an zu viel Perfektion und fehlendem Prestige.

Auch der Nissan 300 ZX Twin Turbo war genau aus diesen Gründen eine stumpfe Waffe in Europa. Hinzu kam allerdings, dass der Nissan Z bis dahin einen Ruf als erschwinglicher Großseriensportwagen genoss. Damit war es jetzt vorbei. In Deutschland kostete er sogar mehr als vergleichbare Maserati, war also ein Fall für Enthusiasten. Und diese fand das Meisterstück des Motorenbaus auch hierzulande, vor allem aber in Amerika, wo er bei der IMSA-GTO-Rennserie eine feste Größe wurde und die Herzen der Sportfahrer eroberte. Zwei Turbolader mit Ladeluftkühlung, automatische Anpassung der Einlass-Steuerzeiten an die Drehzahlen für mehr Durchzug im unteren Drehzahlbereich, Allradlenkung und viele weitere Delikatessen machten den 300 ZX Twin Turbo zu einem Symbolträger für japanische Innovationskraft, dessen Import jedoch 1995 mangels Nachfrage eingestellt werden musste. Gerade einmal 1.700 Deutsche kauften den Twin Turbo, womit dieser Nissan in den Zulassungen hinter Maserati lag.

Noch rarer war der Mitsubishi 3000 GT, von dem in zehn Jahren keine 1.000 Einheiten deutsche Käufer fanden. Dennoch erhielt Mitsubishi für den Supersportwagen internationale Anerkennung. Immerhin war der von Beckenbauer gefahrene 3000 GT als Sportwagen mindestens ebenso elegant, wie es Kaiser Franz als Lichtgestalt des Fußballs war. Zwei Turbolader, Allradantrieb, Allradlenkung und Sprintwerte, die einem vergleichbaren Porsche 911 keine Chance ließen, verdeutlichten dies ebenso nachdrücklich wie die vorzugsweise ferrarirote Lackierung der Boliden. Tatsächlich trug der schnellste Mitsubishi in den USA sogar die symbolträchtige Bezeichnung GTO – und erzielte erstaunliche Absatzerfolge.

Das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ wurde auch Hauptabsatzmarkt für die vorläufig letzte Generation des Toyota Supra. Mit einem 330 PS freisetzenden Doppelturbo-Sechszylinder ignorierte der Supra die selbstauferlegte PS-Begrenzung der japanischen Industrie und war eine klare Kampfansage gegen Corvette & Co. Mehr noch: Im Sprintduell fuhr der Über-Toyota sogar Ferrari Testarossa und manchen Lamborghini Countach davon! Gemessen daran waren Preise ab 106.000 Mark günstig, den deutschen Toyota-Händler wollte es dennoch nicht gelingen ihren Supersportler in nennenswerten Stückzahlen zu verkaufen. Daran änderte auch die eindrucksvolle Optik mit mächtigem Heckflügel für mehr Bodenhaftung und die bevorzugte signalrote Lackierung wenig.

Kaum anders eine Ikone der „Fast-and-Furious-Filme“, der Mazda RX-7 in seiner dritten und letzten Generation. Dieser Rotary-Racer feierte zwar über 12 Jahre Erfolge auf Rennstrecken und wurde zeitweise zur ersten Wahl von Supersportwagenenthusiasten in Fernost und Nordamerika. Trotzdem erreichte auch er nur noch knapp 69.000 Einheiten, mithin gerade einmal 15 Prozent des Produktionsvolumens der ersten RX-7-Generation, die allerdings auch in einer deutlich niedrigeren Preisklasse antrat.

Unvergleichbar war das Fahrerlebnis mit dem schärfsten aller RX-7. Der turbinenartig hochdrehende Wankelwagen war süchtig nach schnellen Sprints und scharfen Kurven – ein Driftmeister unter den Supersportlern. Nicht nur mit dem beispielhaften Leistungsgewicht von 5,4 Kilogramm pro PS nahm sich der Mazda den Porsche 911 als Maßstab. Auch beim Sprint sollte der Rotarier aus Hiroshima den Boxer aus Stuttgarter hinter sich lassen. Mission erfüllt, stellten die Mazda-Chefs zufrieden fest als die ersten Testergebnisse veröffentlicht wurden. Nicht ganz so glücklich verlief die Karriere des RX-7 als 1996 in Deutschland neue Abgasvorschriften den vorzeitigen Abschied des Wankelsportlers bedingten.

Am Ende verschwanden alle Nippon-Boliden sang- und klanglos vom deutschen Markt. Erst der aktuelle Nissan GT-R errang wieder größere Anerkennung im High-Speed-Zirkel als echter Porsche-Killer – zumindest in Vergleichstests und mit immer neuen Bestzeiten auf der Nordschleife. Die fünf Samurai von 1992 ereilte dagegen nahezu durchweg der Heldentod aller vergangenen und vergessenen Automobile: In der Schrottpresse.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Mazda, Mitsubishi, Nissan, Toyota, SPS

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