Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Mit Werbegeschenken ist das so eine Sache: Was darf man da annehmen, um sich nicht selbst in Verruf zu bringen? Bzw. in den Ruf, einen geldwerten Vorteil zu genießen? Darf man überhaupt? Derlei Überlegungen mögen der Gründlichkeit entsprechen, die zum Image der Deutschen gehört. Sie mögen dem ein oder anderen päpstlicher als der Papst erscheinen. Dabei müssen sich insbesondere Journalisten dieser Frage stellen, um ihre Objektivität nicht in Gefahr zu bringen. Geschweige denn zu verlieren.

Diese Woche erhielt ich mit einem ultraschnellen Paketdienste eine Sendung. Absender war ein deutscher Automobil-Herstellers. Den aufkommenden Verdacht an eine mögliche Briefbombe konnte ich zu meiner Beruhigung im Keim ersticken. Zumindest kam mir kein in jüngster Zeit womöglich irgendwo veröffentlichtes Pamphlet in den Sinn, mit dem ich jemandem dermaßen auf die Füße getreten wäre, dass er mich eines Molotow-Cocktails für würdig erachtet hätte. Aus gutem Grund nannte ich gerade das Stichwort der Objektivität.

Um es vorweg zu nehmen: Die kleine Aufmerksamkeit bestand aus einem Schokoladenhasen (enormen Ausmaßes) und einem freundlichen Begleitbrief. Sie kennen das vermutlich. Ich nahm das aus Kakaomasse bestehende Lebewesen zur Hand, um es genauer zu inspirieren. Was auffiel: Das Exemplar war nicht lila, und der „Hasi“ aufgrund dessen ungeeignet, Hut, Helm oder Stirnband irgendeines Wintersport-Prominenten zu zieren.

Was mich aber dennoch gar erschrecklich aus der Fassung brachte war der Aufdruck auf dem Einwickelpapier des am 4. April 2012 bei mir angekommenen Hasen: „Haltbar bis 01 / 2011“ stand da zu lesen. Sollte ich hier etwa einem ruchlosen Kapitalverbrechen der Lebensmitteltechnik auf die Spur gekommen sein? War mein Osterhase vielleicht gar kein Osterhase, sondern ein in die Jahre gekommener Nikolaus? Ein zuvor wieder zu Kakaomasse verarbeiteter und dann recycelter Weihnachtsgruss vielleicht, dem man das barmherzige Mäntelchen der zeitlosen Unschuld in Form eines Osterhasen-Kostüms übergestreift hatte? Mit unschönen Folgen für den Stoffwechsel? Mit allen Risiken völliger Unverträglichkeit? Sollte ich mir vorsichtshalber schon einmal einen großen Ausdruck mit der Notfallnummer „110“ an die Kacheln im Bad hängen? Für alle Fälle, man weiß ja nie.

Ich habe den Osterhasen und mutmaßlichen früheren Undercover-Nikolaus kurzerhand weiterverschenkt. An wen, das behalte ich lieber für mich. Nur soviel: Meine Sympathien für die Person (die sich für die Aufmerksamkeit übrigens sehr bedankte), halten sich ohnehin in Grenzen. Nicht erst seit ein paar Tagen.

Wenn Sie beim Lesen jetzt denken: „Schäm’ Dich. So was macht man doch nicht“, dann kann ich nur sagen: Stimmt eigentlich. Ein leichtes Grinsen kann ich mir angesichts der möglichen Folgen dennoch nicht verkneifen. Sie wissen schon, was ich meine.

Ich wünsche Ihnen frohe Ostern mit angenehmen Überraschungen.

Ihr Jürgen C. Braun

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