Helmuth Weiss: Das Kohl und Pinkel Buch. Edition Temmen; 12,90 Euro.
Am Anfang dieser Buchbesprechung muss ein Bekenntnis stehen: Der Rezensent, gebürtiger Saarländer, blamierte sich vor einigen Jahren beim gemeinsamen Grünkohl-Zubereiten mit einem Hamburger Freund. Und zwar gründlich.
Was war geschehen? Eigener Gewohnheit (aus anderen Kohl-Erfahrungen erworben) zufolge kochte der Saarländer nur vier Würstchen auf dem Grünkohl mit und ließ Kassler, Speck und Mettwurst im Kühlschrank. Um zu erfahren, dass all diese Zutaten sehr wohl zu diesem norddeutschen Gemüse gehören, bei dem am falschen Ende zu sparen, zu nicht hinnehmbaren Geschmackseinbußen führe. Was insbesondere für zwei weitere Zutaten galt, sprich: scharfen Senf für obenauf und klaren Schnaps als Begleitung.
Diese Philosophie der klassischen Grünkohlbereitung findet sich auch in Helmuth Weiss' Büchlein. Es weist im Titel schon auf eine weitere Besonderheit hin: Das eigenwillige Gemüse wird regional auch mit einer Beilage serviert, deren Name in Zeiten kulinarischer Globalisierung längst nicht mehr für Verwirrung sorgt, sondern eine Wurst aus Fleisch, Fett und Grütze benennt.
Weniger bekannt sein dürfte, dass sich um das Traditionsgericht auch Traditionen wie Kohlfahrten und sogar bestimmte Sportarten ranken. Das deftige Gericht ist also weit mehr als nur eine Bereicherung des Speiseplans. Diesem weit mehr folgt das Buch ganz konsequent. Das Ergebnis ist eine amüsante, aber auch lehrreiche Lektüre.
Übrigens: Natürlich fehlt ein Rezeptteil keineswegs, und natürlich beschränkt der sich nicht auf die beschriebene klassische Zubereitungsart. Wem die zu üppig (oder ganz einfach zu fleischlich) ist, der findet auch schlichtere und fleischlose Rezepte. Und – eine Mär zum Grünkohl definitiv widerlegend, nach welcher er nur gekocht überhaupt genießbar sei – sogar eine, die das Gemüse roh belässt.