Dakar 2012: Etappen 3 und 4 als Hitze- und Materialschlacht

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Jene Fahrer, die bereits mehrfach in Südamerika gefahren waren, ahnten es schon: nach den ersten beiden Etappen, die relativ harmlos (sofern dieser Begriff da überhaupt angebracht ist) von nahezu allen Teilnehmern absolviert werden konnten, ging es auf der 3. Etappe von San Rafael nach San Juan in die Bergkette der Kordilleren: zahlreiche Wasserdurchfahrten, sowie Staub und grober Schotter sorgten für erste Verschiebungen im Tages- und Gesamtklassement. Zwar bleibt das X-Raid-Team mit den Monster-Energy-Minis vorne, aber die Hatz der Verfolger nahm an Intensität zu, der Schlagabtausch wurde vehementer. Dafür sorgten erstmal die beiden Hummer mit Robby Gordon und Nasser al Attyah, die die Etappe dank der langen Federwege ihrer Fahrgeräte besonders schnell absolvierten. Die Kraft der mächtigen V8-Triebwerke (über 400 PS!) konnte so voll auf den Boden gebracht werden. So ganz reichte dieser V8-Orkan aber nicht, denn Nani Roma, der Spanier auf seinem X-Raid-Mini machte überhaupt keinen Fehler, fand jeden Abzweig, hatte keine Pannen und behielt einen klaren Kopf. Belohnung: Tagessieg und Gesamt-Vierter! Krzysztof Holowczyc machte es ihm fast nach, blieb nur 1:09 Minuten hinter ihm und wurde Tages-Zweiter und hat damit die Gesamtführung übernommen. Er sagte uns am Satelliten-Telefon: Die enorme Höhe von 3.000 Metern, die wir erreichten, machte offensichtlich den Benzinern weniger aus als unseren Dieseln, die spürbar an Leistung verloren. So war unsere Devise noch klarer: keine Fehler machen, schön auf dem Trail bleiben und so schnell wie nötig fahren, ohne irgendwo einzuschlagen. Einfach sensationell, was der Pole da geleistet hat. Al Attyah büßte zwar etwas ein, lief auf Rang 3 am Abend ein und schob sich auf Platz 6 gesamt. Sein Teamkollege Gordon hat nun den 2. Gesamtrang übernommen, da Peterhansel mit zwei Platten ziemlich aufgehalten wurde und sich für's Erste auf Rang 5 wiederfand. Unauffällig schlich sich Giniel de Villiers auf seinem Imperial-Toyota-Pickup immer weiter nach vorne, erlaubte sich keine Schnitzer und rangiert inzwischen auf Platz 3 im Gesamtklassement. Teamkollege Duncan Vos auf identischem Fahrzeug liegt derzeit auf Rang 13, aber der grau-schwarze Hilux mit Alvarez/Graue hat sich beherzt auf Rang 8 vorgearbeitet! Leonid Novitzkiy/ Andy Schulz, die Sieger der ersten Etappe, nehmen derzeit den 7. Platz ein und der Chilene Garafulic mit JC. Picard auf dem heißen Sitz, die einen X-Raid BMW X3 CC pilotieren, haben sich derzeit auf Rang 16 eingereiht. Alexander Mironenko, auf gleichem Fahrzeug unterwegs, ließ den BMW mal kurz übers Dach abrollen, stellte ihn wieder auf alle Viere und fuhr weiter auf Rang 48. Einer der ganz wenigen Deutschen, die noch im Rennen sind: Stephan Schott/Holm Schmidt hatten mit ihrem KS-Tools Dreier-BMW bei der knochigen Hatz durchs Gebirge einen etwas zu harten Wackermann touchiert, was einem Radträger vorne das Leben kostete. Erst Thomas Wallenwein mit dem Fast-Assistance-Lkw konnte Hilfe leisten, was dann mit Rang 112 gerade noch mal glimpflich ausging.

Die 4. Etappe führte von San Juan nach Chilecito durch viele trockene Flussbetten und durch spektakuläre Canyons durch die Provinz Rioja: 326 Kilometer höchste Konzentration. Als die Zeitnahme die Top-30 registriert hatte, stand fest: Monster Energy-Mini-Star Stéphane Peterhansel hatte nicht nur den Tagesetappensieg sicher eingefahren, sondern auch die Führung insgesamt übernommen. Zu KÜS-Online sagte er: Wir waren heute nicht auf Spitzentempo unterwegs, um möglichst keine punctures (Reifenschäden) einzufangen. Und die scharfkantigen Felsbrocken haben wir auch sicher umschiffen können. Da sich aber Al Attyah kurz vor Ende der Etappe ein größeres Problem einfing, das ihn gute 15 Minuten kostete, konnten wir die Etappe sicher zu Ende fahren. Nani Roma, Vortagessieger, musste deshalb als Erster in die Prüfung Nr. 4 gehen. Unserem Kollegen Mendoza sagte er nach seinem 4. Tagesrang: Wenn du als Erster starten musst, hast du das Problem, den richtigen Weg zu finden: keine Spuren anderer Teilnehmer, die dich leiten könnten. Deshalb fuhren wir nur so schnell, dass nichts passierte. Auf diesen Etappen hier kannst du die Dakar zwar nicht gewinnen, aber dafür verlieren. So festigte er seinen 3. Gesamtrang und zeigte sich nicht unglücklich darüber. Seine Taktik des unauffälligen schnellen Fahrens verfolgte der taktisch gewiefte Giniel de Villiers auf seinem brandneuen Imperial Toyota Hilux. Leicht schmunzelnd meinte er nach der Zielankunft zu KÜS-Online. Inzwischen kennen wir unseren Hilux schon sehr gut. Wir wissen, dass wir zwar etwas kurz untersetzt sind und damit die Spitzengeschwindigkeit gegenüber den Diesel-Minis von X-Raid nicht ganz halten können, aber wir bemühen uns, möglichst wenig Fehler zu machen. Mein derzeit 2. Platz in der Gesamtrechnung beweist doch, dass unsere Philosophie richtig zu sein scheint, oder? Stephan Schott mit seinem BMW X3CC, der Pechvogel der 3. Etappe, hat wieder tief Luft geholt, belegte heute einen hervorragenden 27.Platz und schob sich nach Verlust von über 10(!) Stunden wieder auf Rang 94. Wenn nix weiter passiert, werden wir Tag für Tag weiter aufholen, der BMW geht ausgezeichnet und die Rallye dauert schließlich noch 10 Tage. Und mit verschmitztem Humor: Wenn wir jeden Tag 1 Stunde aufholen, liegen wir am Ende auf Platz 1.

Text: Frank Nüssel/CineMot
Bilder: Charmaine Fortune/ Willy Weyens

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