Von der Schanze in die Dünen: Dakar-Debüt von Adam Malysz

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Die „Rallye Dakar“ ist seit mittlerweile 33 Jahren nicht nur eine Wiege ebenso mutiger wie versierter Männer und Frauen auf zwei oder mehr Rädern, sondern mitunter auch ein Sammelsurium an ebenso wunderlichen wie mitunter auch talentierten Exoten. Reich und gut betuchten Abenteurern, Lebenskünstlern auf der Suche nach dem ultimativen Kick oder auch Extremsportlern, die ihre grenzgängigen Erfahrungen schon in anderen „wilden“ Sportarten gemacht haben. Ein solcher Seiteneinsteiger in die Riege der absonderlichen Wüstenblumen ist auch in diesem Jahr wieder dabei.

Wer dieser Tage zu später Nachtstunde vor dem Fernseher hängt und sich die Bilder von der „Dakar 2012“ ansieht, der wird auf den Prüfungs-Passagen und in den Interviews nach der Zieleinkunft des Öfteren ein kleines unscheinbares Männlein unter einem großen Helm sehen, das beim Betrachter bei genauerem Hinsehen die Frage auslöst: „Kenne ich den nicht irgendwoher?“ Immer bereitwillig antwortend, höflich, fast ein wenig schüchtern, aber dennoch bestimmt wirkend; so war er schon zu seiner Karriere als Held der Schanzen: Adam Malysz, polnische Skispringer-Legende hat im vergangenen Jahr seine Karriere als „Herr der Lüfte“ beendet und ist nun mit seinem Landsmann Rafal Marton, einem Wüstenrallye-erprobten Mann, im Mitsubishi Pajero L200 unterwegs. Es ist das „Dakar“-Debüt des inzwischen 34-Jährigen, der in seiner Heimat verehrt wird wie kaum ein anderer lebender Zeitgenosse.

Malysz gibt sich bescheiden in seinen Zielsetzungen als motorisierter Extrem-Motorsportler. „Ich hoffe vor allem auf eines: Dass wir ins Ziel kommen und ich die Rallye genießen kann, so gut es irgendwie geht.“ Rennautos haben den schmächtigen Polen nach eigener Aussage schon immer fasziniert. „Für mich geht ein Kindheitstraum in Erfüllung“, bekannte er vor dem Start der fast 9.000 Kilometer langen Strapazen-Auslese im argentinischen Badeort Mar del Plata. Dem „Seitensprung“ vom Schnee in die Dünen gingen wochenlange Trainings- und Testfahrten voraus. „Das funktioniert nicht, dass man da einfach sagt, man würde gerne mal mitfahren. Das ist richtig harte Arbeit von der Pike auf“, erkannte der ehemalige Weltklasse-Springer recht bald, nachdem sich das „Abenteuer Dakar“ für ihn abzeichnete.

Der 34-jährige Malysz, dessen Markenzeichen ein dünnes Oberlippenbärtchen und ein stets verlegen wirkendes Lächeln sind, hat sich für die Premiere die Hilfestellung eines erfahrenen Navigators ausgesucht. Marton nimmt die Dakar bereits zum siebten Mal in Angriff, kennt die härteste Rallye der Welt also aus Afrika und Südamerika. „Ich bin froh, wenn ich im Auto sitzen darf, um zu lernen und zu kämpfen. Wir werden mit Sicherheit nicht so schnell sein, dass wir auf den vorderen Rängen landen werden, aber es ist meine erste Dakar und ich will und muss noch viel hinzu lernen…“

Malysz ist nicht der erste erfolgreiche Skisportler, der den Sprung in die Wüstenhölle gewagt hat. Der Franzose Luc Alphand war Abfahrts-Olympiasieger und es dauerte sehr lange bis er sich auch den „Dakar“-Sieg als Trophäe sichern konnte. Sein Name und seine Erfolge ebneten Malysz dennoch den Weg bei seinem Vorhaben. Sein Ausrüster (Red Bull) unterstützt ihn auch jetzt beim Bemühen um die zweite Karriere. Nach zwei Tagen lag das polnische Duo auf Rang 52. Was aber viel wichtiger für die Beiden ist: Sie sind noch dabei. Und sie hoffen weiterhin auf das große Ziel, das da heißt: Ankunft in Lima nach zwei entbehrungsreichen Wochen.

Eines aber hat der ehemalige Schanzenkönig schon gelernt, bevor es richtig losgeht in der Atacama-Wüste oder im Reich der Anden und Kordilleren-Riesen: „In der Luft war ich immer allein, hier muss ich mit jemandem zusammenarbeiten.“

Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Dakar media photothèque

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