Citroën: Der AX wird 25

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Heute ist er fast vergessen, der revolutionäre Kleinwagen vom Typ AX. Zu sehr wird er überstrahlt von seinen zeitgenössischen Markengeschwistern, dem avantgardistischen CX und dem Kultmobil 2 CV. Dabei stand der AX vor einem Vierteljahrhundert ebenso im Rampenlicht wie zuvor die Modelle CX und 2 CV. Als sparsamstes Serienauto der Welt und schicker Spaß- und Stadtflitzer wurde der Supermini ein Millionenerfolg, der nicht nur die Herzen der Frauen eroberte. Und als AX Electrique brachte der Kleine den Elektroantrieb in Serie – Jahre bevor bei vielen Wettbewerbern der Funke übersprang.

Außergewöhnlich fiel auch die Werbung für den AX aus. Die Marketingstrategie von Citroën basierte zwar schon immer darauf, Spektakuläres zu bieten seit der Name der Marke in 30 Metern hohen Lettern am Eiffelturm erstrahlte. Als Teil der Kampagne „Les chevrons sauvages“ (Die wilden Winkel) übertraf die Inszenierung des AX allerdings alle vorhergehenden Werbefeldzüge. Der AX nutzte als erstes westliches Automobil die Chinesische Mauer als Präsentationsplattform und setzte in der Plakatwerbung „Révolutionnaire!“ auf ein fernöstliches Kind in Uniform als Marketingbotschafter. Eine weltweit beachtete Kampagne als Vorbote der wenig später startenden Kooperation mit der chinesischen Dongfeng Motor Corporation. Erster Citroën aus chinesischer Produktion wurde allerdings kein AX, sondern der etwas größere Golf-Rivale ZX. Ganz groß wurde der kleine AX dafür als meistgebauter Citroën aller Zeiten nach der legendären Ente, dem 2 CV.

Tatsächlich sollte der AX auch ein potentieller Erbe des scheinbar unsterblichen 2 CV sein, für den es auf vielen Märkten immer schwieriger wurde, verschärfte Zulassungsbestimmungen zu erfüllen und junge Kleinwagenkäufer zu erobern. Vor allem aber trat der AX die Nachfolge des fünftürigen Visa, des aus rumänischer Produktion importierten dreitürigen Axel und des winzigen LNA an. Entsprechend groß waren die Erwartungen an den 3,50 Meter kurzen Stadtflitzer, der seine Publikumspremiere ganz unspektakulär auf dem Pariser Salon 1986 feierte und wenig später im weitgehend robotisierten, damals modernsten Automobilwerk Europas im französischen Aulnay-souis-Bois vom Band lief. Ganz besonders stolz waren die Väter des AX auf die Leichtbaukonstruktion des Minis, die mit einem Leergewicht von nur 645 Kilogramm Maßstäbe setzte. Vor allem war das „Federgewicht“ (so die Schlagzeilen bei der AX-Premiere) Voraussetzung für Verbrauchsrekorde. Zunächst gelang es dem Franzosen als erstem Großserien-Benziner die europäische Normverbrauchsmarke von vier Liter pro 100 Kilometer zu knacken. 3,9 Liter wies Citroën in Frankreich für die 1,1-Liter-Version mit 40 kW/55 PS aus – sogar weniger als die Selbstzünder-Konkurrenz von Peugeot 205, Ford Fiesta oder Renault 5 konsumierte.

In Deutschland rief Citroën allerdings realistischere, aber immer noch beispielhafte 4,2 Liter auf. Im Alltagsverkehr jedoch drückte erst der ab 1989 lieferbare Diesel den Verbrauch unter die Vier-Liter-Marke, nochmals genügsamer war dann der AX von 1992 mit Michelin-Leichtlaufreifen und lang übersetztem Fünfgang-Getriebe: Nur 3,3 Liter auf 100 Kilometer nannten die Franzosen nun als Normverbrauchswert. Auch bei praxisnahen Rekordfahrten präsentierte sich der AX als früher Vorfahre heutiger Drei-Liter-Autos. So brachte es der kleine Diesel zu einem Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde als er sich 1989 bei einem Langstreckentest vom englischen Dover nach Barcelona mit einem Durchschnittsverbrauch von 2,7 Litern auf 100 Kilometer begnügte. Entscheidend beigetragen zum Spritsparrekord hat der niedrige CW-Wert von 0,31, mit dem der AX die Position des Klassenprimus besetzte.

Ein noch größerer CO2-Knauserer als die kleinen Selbstzünder-Citroën und auch als alle AX mit Benzinmotor war in jenen Jahren zunehmenden Umweltbewusstseins und der Einführung des geregelten Drei-Wege-Katalysators der AX Electrique. Der batteriebetriebene City-Citroën war lokal völlig emissionsfrei unterwegs und brachte es auf damals relativ beachtliche Stückzahlen. 364 verkaufte Einheiten bedeuteten Platz zwei auf dem Markt der Elektro-Pkw – hinter dem elektrischen Peugeot 106, der sich viele technische Bauteile mit dem vergleichbaren Modell der Marke im Zeichen des Doppelwinkels teilte.

Deutlich unterscheiden konnte sich der AX allerdings im Design von seinem Konzern-Konkurrenten – ebenso wie von allen anderen Kleinwagenrivalen. Kein Wunder, setzte der kleine Citroën doch wie kein anderer Mini der späten 1980er Jahre auf extravaganten modischen Schick. Die Herzen der Frauen flogen ihm nur so zu und als sich der AX mit Sondermodellserien wie „En Vogue“ und „Air France Madame“ zum ganz großen Charmeur entwickelte, stahl er auch Lieblingen der Lifestyleszene wie dem Lancia Y10 die Show. Kein Wunder, dass sich auch große Couturiers wie Heuliez des Herzensbrechers annahmen und mit Kombistudien als AX Evasion oder als Cabriolet – das beim portugiesischen Karossier BB sogar in Serie ging – für Furore und noch mehr Fans sorgten.

Popularitätssteigernd waren auch die Leistungsträger AX Sport mit 69 kW/95 PS von 1987 oder AX GTi mit 75 kW/101 PS von 1991 – zumal der AX Sport für die Faszination des Motorsports stehen sollte. Deshalb richtete Citroën mehrere Markenpokalserien aus, darunter die Rennserie Challenge AX Sport, die allen Lizenzinhabern, sogar den eigenen Mitarbeitern offen stand. Gekrönt wurde die sportliche Karriere des AX Sport durch Christine Driano, die 1989 zum zweiten Mal in Folge den Titel der französischen Rallyemeisterin errang.

Mit immer neuen Sondermodellen, zusätzlichen Motorisierungen und Antrieben – darunter ab 1991 sogar einer Allradversion – blieb der AX über seine immerhin zwölf Jahre währende Karriere aktuell. Als die mittlerweile über 40 Jahre alte Ente 1990 in den Ruhestand geschickt wurde, war der klassenüberschreitend erfolgreiche AX bereits Produktionsmillionär. Nur drei Jahre später feierte Citroën das Erreichen der zweiten Millionen. Erst als der Saxo 1996 die Nachfolge des AX antrat, war für den AX die Zielgerade in Sicht. In Deutschland blieb er noch zwei Jahre als preiswertes Einstiegsmodell im Programm, dann bemühte sich allein der bieder gezeichnete Saxo um die Markentreue der designverwöhnten Citroën-Kleinwagenkunden. Eine Aufgabe, die dem AX-Nachfolger – die Buchstabenfolge ax im Namen Saxo sollte auf die Abstammung hinweisen – nicht leicht fiel.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Autodrom Archiv, Citroën, SPS

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