Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Auf der Heimfahrt von einem beruflichen Termin in dieser Woche habe ich mir die Zeit in einem der mittlerweile üblichen Staus dergestalt zu verkürzen gesucht, indem ich einen Radiosender meiner Wahl suchte, der mehr an Information bot als das übliche „Gedudel“, abgelöst von den halbstündigen Verkehrsnachrichten und der Wetterprognose. Viele öffentlich-rechtlichen Sender haben mittlerweile solche reinen Info-Kanäle. Bald hatte ich „B5 aktuell“, den Infokanal des Bayerischen Rundfunks. Darin ging es um das 150-jährige Jubiläum des Telefons, das aus den verschiedensten Blickwinkeln gewürdigt wurde.

Wie schnell eigentlich eineinhalb Jahrhunderte vergehen können, wird, so glaube ich, anhand der Geschichte der drahtlosen Nachrichtenübermittlung ganz besonders deutlich. Vom ersten Satz, den im Jahr 1861 der Erfinder Philipp Reis in seinen Fernsprechapparat gesprochen hat („Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“) bis zum heutigen ständigen Kommunizieren auf unterschiedlichste Weise ist die Welt in ihrer Entwicklung so rasend schnell beeinflusst worden, wie nie zuvor einem vergleichbaren Zeitraum.

Und das ewige „weiter, immer weiter“ in der Entwicklung der modernen Kommunikationstechnologie macht auch vor unseren Autos nicht mehr halt. Neueste Großraumlimousinen sind mittlerweile (zumindest optional) fahrende Konzert- und Kinosäle. Wert und praktischer Nutzen eines solchen Fahrzeugs werden in nicht allzu ferner Zukunft nicht mehr an seiner Variabilität, an seinem Verbrauch oder Schadstoffausstoß, sondern an seinen multimedialen Vorzügen gemessen werden. Wie viele Subwoofer, Bildschirme oder Anschlussmöglichkeiten für Internet-Nutzung: Das sind die Attribute, nach denen sich demnächst Fahrzeuge verkaufen lassen. Zumindest dann, wenn es (noch) nach den Vorstellungen heranwachsender Generationen geht.

Als mein Haus-Mitbewohner in diesen Tagen seine Winterreifen am Auto aufzog, kamen wir in dessen Garage zu einem kleinen Plausch zusammen, in dessen Folge es auch darum ging, dass die einzige noch verbliebene Telefonzelle in unserer 5.000-Seelen-Gemeinde jetzt demnächst abgebaut werden sollte. Na klar, warum auch. Braucht kein Mensch mehr, so ein Ding.

Bis der Enkel meines Gesprächspartners, der an diesem Tag zu Besuch beim Opa weilte und uns zugehörte hatte, ins Spiel kam. „Opa, was ist eine Telefonzelle?“, wollte der eigentlich recht aufgeweckte Junge wissen. Wir beiden Erwachsenen sahen uns ziemlich verblüfft und ungläubig an, bis ich dem jungen Mann zu erklären versuchte: „Weißt Du, so sahen früher unsere Handys aus. Die waren zwei Meter hoch, gelb gestrichen, hatten eine Glastür, und dadurch konnte man reingehen.“

Ein leichtes Tippen mit dem Zeigefinger an die Stirn und das Grinsen des jungen Fragestellers machten mir klar, was er von dieser Antwort hielt: „So einen Bären kannst Du mir doch nicht aufbinden. Ich bin doch schon zehn Jahre alt.“ Abends holte ihn sein Vater übrigens wieder ab. In einem Peugeot 307 ohne Internet-Anschluss. Ich hoffe, der junge Mann hat diesen medial wenig anspruchsvollen Transport schadlos überstanden.

Ich wünsche ihnen ein angenehmes Wochenende, ob mit oder ohne rollenden Konzertsaal.

Ihr Jürgen C. Braun

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