Vornehme Blässe war gestern. Wer etwas auf sich hält unter den Reichen und Schönen, der trägt diesen Herbst wieder ein wenig Farbe. Schließlich beweist er damit nicht nur eine gewisse Unabhängigkeit von den klimatischen Unpässlichkeiten des europäischen Sommers, sondern auch guten Geschmack bei der Wahl seines Wagens. Denn gerade noch rechtzeitig, bevor es draußen grau und ungemütlich wird, lockt Bentley jetzt in die neue Cabrio-Version des Continental.
Das ebenso schöne wie schnelle Sonnendeck für Superreiche hat gerade seine Weltpremiere auf der IAA in Frankfurt gefeiert und kommt in diesen Wochen für Preise ab 202.371 Euro in den Handel. Dass man dafür bei der Konzernmutter VW auch zehn offene Golf kaufen könnte, ficht die erlauchte Kundschaft nicht an: „Bei uns kauft niemand Mobilität“, sagt Firmenchef Wolfgang Dürheimer. „Mit einem Bentley will man sich belohnen.“ Zum Fahren, so hat der einstige Porsche-Chefentwickler in seinen ersten neuen Monaten in Crewe gelernt, haben die Kunden schon genügend andere Autos.
Viel schöner als mit dem neuen Cabrio, das traditionell das Kürzel GTC trägt, kann man sich kaum belohnen. Denn wenn die Yacht zu weit weg ist und die Zeit für ein Wochenende an der Cote d’Azur nicht reicht, ist eine Fahrt im Bentley so etwas wie ein Kurzurlaub auf Rädern: Man sinkt tief in die weichen Sessel, genießt den Luxus von überbordendem Lack und Leder und freut sich an jeder Menge warmem Holz und kühlem Metall.
Dass man in einem neuen Auto sitzt, kann man bei einem flüchtigen Blick vielleicht nicht auf Anhieb sehen, weil die Designer den bekannten Stil nur sehr behutsam verändert haben. Doch selbst wenn einem das weichere Gesicht mit den neuen Scheinwerfern, die etwas schärferen Kanten und vor allem die weiter ausgestellten Kotflügel, die nun auch 21-Zoll-Räder fassen, nicht sofort ins Auge stechen, wird man den Generationswechsel spätestens beim Einsteigen bemerken: Immerhin gibt es jetzt auch bei Bentley einen Gurtbringer, die Navigationselektronik ist auf dem neuesten Stand und an empfindlich kühle Herbstabenden verlängert ein Nackenföhn den Frischluftgenuss.
Nur unter der Haube ändert sich im Prinzip nichts: „Bentley ist mittlerweile die größte Zwölfzylinder-Marke der Welt“, sagt Dürheimer und will diese Führung auf Dauer behalten. Zwar wird es mit Blick auf Verbrauch und Verkauf demnächst im Continental erstmals auch einen V8-Motor geben, und zumindest für die geschlossenen Varianten spricht er auch schon sehr offen über den ersten Diesel für ein Auto aus Crewe. Doch der W12-Motor ist und bleibt für die Briten die erste Wahl.
Allerdings wird der Sechs-Liter-Motor, der mit dem bürgerlichen Verwandten aus dem Phaeton nur noch den Hubraum und die Bauform gemein hat, mit dem Generationswechsel gleichermaßen stärker und sparsamer: Die Leistung steigt auf 575 PS, das maximale Drehmoment klettert um 50 auf 700 Nm und der Verbrauch geht um 15 Prozent zurück. Knausertechnologien wie eine Start-Stopp-Technologie bleiben dem Luxusliner zwar erspart. Aber weil das Auto 70 Kilo abspeckt und die Ingenieure viel Feinschliff am Kraftwerk geleistet haben, geht der Verbrauch trotzdem um 15 Prozent zurück. Das ist auf dem Papier eine Menge, doch ändert das in der Praxis kaum etwas am gewaltigen Durst: Schon auf dem Prüfstand braucht der GTC 16,5 und in der Praxis gerne auch mal 20 Liter.
Dafür bietet er allerdings auch eine Kraft, die das Gesetz von der Trägheit der Masse Lügen straft: Man muss nur das Gaspedal touchieren, schon wird der Gleiter zum Fighter und wirft sich mächtig ins Zeug: Scheinbar mühelos schnellt der Bentley in 4,8 Sekunden auf Tempo 100 und gibt sich der Gewalt des Gegenwindes erst bei 314 km/h geschlagen. Das macht ihn aktuell zum schnellsten Cabrio der Republik. Lange wird der GTC diesen Titel allerdings nicht führen. Denn natürlich plant Dürheimer bereits die nächsten Motorvarianten und denkt dabei nicht nur an Downsizing – Leistung, so das Motto des Bentley-Chefs – kann man schließlich nie genug haben.
Text: Spot Press Services/Benjamin Bessinger
Fotos: Bentley