Frankfurter Buchmesse 2011: Eine Nach-Lese (1)

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Die Einwohnerzahl entspricht der einer mittelgroßen deutschen Stadt, und doch verfügt die Insel über eine geradezu unglaubliche Dichte an produktiven Autorinnen und Autoren – und Verlagen. Es scheint, als gedeihe alles, was mit Kunst zu tun hat (und hierzulande oft genug noch als unsichere Bank in Sachen Lebensunterhalt gilt), in Island ganz besonders gut. Davon konnten sich die Besucherinnen und Besucher der Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr überzeugen.

Audur Jonsson etwa kennt die Verlagsbranche Islands aus ihrer eigenen Erfahrung. Diese fließt auch ein in ihren Roman Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt. Zum Schreiben hat die junge Autorin auch noch eine ganz andere Beziehung – sie ist die Enkelin des Literaturnobelpreisträgers Halldor Laxness (1902-1998), der bis heute von seinen Landsleuten nicht nur gelesen, sondern verehrt wird. Nein, ein gewöhnlicher Großvater sei der Dichter nicht gewesen, verrät Audur bei der Buchmesse. Jedenfalls keiner, der seiner Enkelin beim Spielen zusieht, sondern einer, der noch bis ins hohe Alter selbst spielen wollte, wie ein Erwachsener, der sich ein Stück Kindheit lebenslang bewahrte. Der deutsche Verlag (Steidl) von Halldor Laxness hat auch eine sehr spannende Biographie des Dichters im Programm.

Es ist diese Mischung aus Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit, der man bei der Präsentation des Ehrengastes in den Frankfuter Messehallen ständig begegnet. Leichtigkeit ohne Ersthaftigkeit wäre leichtfertig, aber Ernsthaftigkeit ohne Leichtigkeit gerät schnell zur Miesepetrigkeit. Vielleicht liegt es an den Naturgewalten, denen die Isländer permanent unterworfen sind. Wo ein Unwetter im Frühling mal eben die Planung einer ganzen Woche über den Haufen wirft, mag sich Gelassenheit entwickeln.

Wie ein Zuviel an Gelassenheit aussehen kann, beschreibt Hallgrimur Helgason in 101 Reykjavik. Der Titel benennt einen besonders attraktiven Teil der isländischen Hauptstadt, hingegen ist der Titelheld ziemlich gewöhnungsbedürftig. Ein lethargischer Endzwanziger, der plötzlich aus der eigenen Faulheit gerissen wird … Helgason nimmt wahrhaftig kein Blatt vor den Mund, auch nicht in seinen anderen Büchern. Es gehört schon Mut dazu, einen Titel wie Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen zu wählen.

Wer nach den zahlreichen Beschreibungen des Landes Lust bekommt, einmal selbst hinzufahren, ist mit dem Büchlein Island. Ein Länderporträt zur Vorbereitung sehr gut bedient. (Eignet sich aber auch nur zum Lesen).

Bibliographische Angaben:

Audur Jonsdottir: Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt. btb Verlag;19,99 Euro
Hallgrimur Helgason: 101 Reykjavik. Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv); 9,95 Euro.
Hallgrimur Helgason: Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen. Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv); 9,95 Euro.
Marie Krüger: Island. Ein Länderporträt. C. H. Links Verlag; 16,90 Euro.

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