Beitragsbild
Foto 1
Foto 2
Foto 3
Foto 4

Sie brachte Bewegung in die Oberklasse und löste ein noch nie da gewesenes Leistungs- und Luxus-Wettrüsten auf deutschen Vorstandsparkplätzen aus. Mehr noch, der BMW 7er-Reihe (E32) gelang, was ihrem Urahn, dem barocken BMW V8 aus den 1950er Jahren und auch ihrem unmittelbaren Vorgänger, dem 7er der Serie E23, trotz aller Bemühungen verwehrt blieb: Sie avancierte als erster großer BMW zum Dienstfahrzeug von Ministerpräsidenten und Staatsführern. Möglich wurde dies vor allem durch den Einsatz des ersten deutschen Zwölfzylindermotors der Nachkriegszeit. Damit zog der neue BMW 750i an die motorische Spitze der Oberklasselimousinen, allein der Jaguar XJ 12 konnte bei der Zylinderzahl mithalten. Ganz vorne war der BMW 7er auch bei den Verkaufszahlen. Mit einem Gesamtabsatz von über 360.000 Einheiten übertraf die Serie E32 sowohl ihre Vorgänger als auch den direkten Nachfolger. Vor allem aber setzte sich das bayerische Flaggschiff in der deutschen Zulassungsstatistik zumindest vorübergehend erstmals vor den scheinbar ewigen Oberklasse-Bestseller, die Mercedes-Benz S-Klasse.

Heute wirkt ein motorisches Leistungsband von 138 kW/188 PS bis 220 kW/300 PS für eine Oberklasselimousine bereits beinahe bürgerlich-bescheiden. Vor 25 Jahren dagegen setzte der BMW 7er damit neue Maßstäbe, ganz besonders als prestigeträchtiger V12. Im Vergleich zum nicht nur dynamisch gezeichneten, sondern auch 250 km/h schnellen und „aus Vernunftgründen“ erstmals abgeregelten BMW 750i wirkte die damals bereits acht Jahre alte Mercedes-Benz S-Klasse der Serie W126 betulich und konservativ, obwohl ihre Achtzylinder letztlich kaum schwächer und vor allem nicht preiswerter waren. Auch Audis Vorstoß ins Luxussegment fiel eine Nummer bescheidener aus. Der Audi V8 hatte gegen die Konkurrenz aus München und Stuttgart kaum eine Chance. Erst die 1991 eingeführte Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe W140 mit noch größerem 6,0-Liter-V12 konnte die früher gewohnten Machtverhältnisse an der Führungsfront wieder herstellen. Bis dahin aber war der BMW in der Oberklasse erste Wahl. So sah es sogar die Fachpresse, die den neuen aus München geradezu mit Lobeshymnen überschüttete. Höhepunkte waren die Auszeichnungen „Goldenes Lenkrad 1986“, und „Bestes Auto der Welt 1987“. Der BMW 7er schien tatsächlich am Ruf von Mercedes zu kratzen, die beste Limousine der Welt zu bauen.

Die Basis dafür lieferten eine Vielzahl an technischen Innovationen und besonders aufwendige Zuverlässigkeits- und Qualitätstests mit Vorserienfahrzeugen. Insgesamt wurden rund 400 Prototypen für die Fahrerprobung gebaut, noch nie hatte es eine Vorserienflotte in dieser Größe bei einem Wettbewerber gegeben. Größere Probleme und die damals noch verbreiteten sogenannten Kinderkrankheiten beim Serienanlauf des 7ers blieben denn auch aus. Das Qualitätsniveau der ausgereiften S-Klasse konnten die Münchner Spitzenmodelle allerdings noch nicht erreichen, wie vor allem Kunden zu berichten wussten, die beide Fahrzeuge im Bestand hatten. Hinzu kam, dass der BMW-V12 anfangs als nicht so robust und langlebig galt wie die bekannten Sechszylinder und der 1992 eingeführte V8.

Dafür glänzten alle 7er mit zahlreichen Innovationen wie elektronischer Motorsteuerung mit integriertem Notlaufprogramm und Fehlerabspeicherung, automatischer Stabilitätskontrolle ASC, Check-Control-Anzeige in der Instrumententafel, elektronischem EDC-Fahrwerk mit Dämpfersteuerung, erstmals eingesetzten Ellipsoid-Reflektoren für eine bessere Lichtausbeute als bei herkömmlichen Halogenlampen, neuartiger Türschlossheizung und neuer Gurtanordnung (von der Mitte nach außen) für die Fondpassagiere, um den Seitenaufprallschutz zu optimieren. Wenig später kamen Fahrer- und Beifahrerairbag hinzu und 1992 wurde der BMW 750i/iL als erster deutscher Pkw mit Xenon-Scheinwerfern ausgerüstet.

Gezeichnet worden waren die leichten, klassisch-klaren Linien der Serie E32 unter der Leitung von Claus Luthe, der als Schöpfer der futuristischen Wankellimousine NSU Ro 80 weltweite Anerkennung gewonnen hatte. Die Linien des 7ers kamen in der ausgewogen proportionierten Limousine mit kurzem Radstand am besten zur Geltung. Aber auch die Versionen mit langem Radstand wirkten trotz ihrer üppigen Abmessungen noch ausreichend dynamisch. Optisch unterschieden sich die Typen 750i/iL von ihren schwächeren Geschwistern fast nur durch eine breitere BMW-Niere im Kühlergrill.

Den wesentlichen Verkaufsschub erhielt der neue 7er durch das Prestige der ersten deutschen V12-Limousine seit dem Vorkriegs-Maybach-Zwölfzylinder. Standen bis dahin die Mercedes-Modelle 500 SEL und 560 SEL an der Spitze des deutschen Limousinenangebots, platzierte sich jetzt der 5,02 Meter lange BMW 750iL auf der obersten Sprosse der Prestigeleiter. Keine entscheidende Rolle spielte dabei, dass der schnelle Bayer in der Höchstgeschwindigkeit den Rivalen davon fahren konnte. Wichtiger war eher die Lässigkeit und Leichtigkeit der Leistungsentfaltung. So konnte der V12 aus München sogar den mehr als doppelt so teuren Rolls-Royce Silver Spirit bei den Fahrleistungen distanzieren, zudem bot er auch einen deutlich höheren Geräuschkomfort. Bis 180 km/h soll der 7er mindestens ebenso leise gewesen sein wie die Legende aus Crewe, bei noch höherem Tempo war bereits der 730i deutlich lärmärmer. Ob die BMW-Führung schon damals davon träumte, eines Tages den Zwölfzylinder auch in Rolls-Royce-Limousinen einzubauen? Deutlich überlegen war der bayerische V12 auch gegenüber der einzigen anderen Zwölfzylinder-Limousine von Jaguar bzw. Daimler. Allerdings basierten die XJ-Limousinen auch auf einer damals bereits über 20 Jahre alten Konstruktion, die noch nicht einmal über das im deutschen Premiumsegment selbstverständliche ABS verfügte.

Englische Noblesse in den feinen Bayern wollte BMW mit einem damals außergewöhnlichen Luxuspaket fürs Interieur bewirken. Gegen stattliche 17.000 Mark Aufpreis gab es eine weltweit einzigartige Lederausstattung aus besonders weichen, aufwendig präparierten Ledermaterialien. Individualisierung wurde in München ähnlich groß geschrieben wie in Stuttgart oder in den heiligen Hallen von Bentley oder Rolls-Royce. Dazu nutzte man die eigene Zubehörlinie, aber auch das Angebot von Tunern und Veredlern. So konnte das moderne C-Netz-Telefon erstmals mit einem Telefax kombiniert und die Audioanlage per Infrarot-Fernbedienung gesteuert werden. Die Standheizung wurde über den Bordcomputer gesteuert und neu in der Luxusklasse war auch das Angebot einer Kindersitzlinie.

Weitere Veredlungen gab es bei Adressen wie Hamco, AC Schnitzer oder Alpina. Als Chauffeurlimousine BMW Munich-V12 by Hamco wartete der 7er sogar mit einem Kopierer und frühem Laptop-Computer auf. Ebenso wie BMW bot auch Hamco eine Panzerung an, die voll ausgestattete Büromobil-Limousine kostete dann bis zu 450.000 Mark. Im Vergleich dazu war der 257 kW/350 PS leistende Alpina B12 5.0 L fast ein Sonderangebot: 208.000 Mark rief Alpina für die mit 275 km/h damals schnellste Serienlimousine der Welt auf.

Unverkäuflich war dagegen der BMW 730i Art Car aus dem Jahr 1990. César Manrique gestaltete im Auftrag von BMW die Limousine als Kunstwerk, das den urbanen Lebensraum auflockern sollte. Nicht einzigartig, aber exklusiv war der 1989 vorgestellte 850i. Im Segment der weltweit edelsten Zweitürer genossen die bayerischen Klappscheinwerfer-Coupés fast eine Alleinstellung, nicht zuletzt dank des Zwölfzylinder-Motors aus dem 750i.

Wie ein Schock müssen die bayerischen V12-Flaggschiffe auf die Führung bei Mercedes-Benz gewirkt haben. Mercedes hielt allerdings rasch dagegen. Zunächst mit Werbeworten in Form eines Goethe-Zitats: „Alles, was uns imponieren soll, muss Charakter haben.“ Dann durch einen Nachrüstungsbeschluss. Die S-Klasse von Mercedes-Benz (1989) mit dem ohne Katalysator nominell ebenbürtigen 560 SE der amtierenden W-126-Reihe und ab 1991 mit dem neuen 600 SE der W-140-Serie. Dieser Zwölfzylinder deklassierte die BMW gleich mehrfach: Der Stuttgarter leistete bereits so viele kW wie der Münchner an PS aufboten und arbeitete in einer repräsentativen Limousine von so stattlichem Format, dass der BMW 750i im direkten Vergleich optisch fast zu einer Mittelklasselimousine degradiert wurde.

Anlässlich der Vorstellung des 750i im Juli 1987 fand der BMW-Vorstandsvorsitzende Eberhard von Kuenheim dennoch markige Worte: „BMW wird anderen traditionsreichen Nobelmarken ebenbürtig, aber exklusiver im Angebot. Die Ausstrahlung wird selbst die entferntesten Märkte der Welt erreichen und beeindrucken.“ Ein großes Ziel, das mit der Baureihe E32 allerdings noch nicht erreicht wurde. Der Anfang für den Aufstieg war jedoch gemacht.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Autodrom Archiv, BMW, SPS

Scroll to Top