Liebe Leserin, lieber Leser,

nach dem Spiel, so sagt eine alte Fußball-Weisheit, ist vor dem Spiel. Was so viel heißen soll wie: Die nächste Herausforderung, die nächste Bewährungsprobe steht bereits bevor. Und deswegen haben wir jetzt keine Zeit mehr, uns mit dem zu beschäftigen, was hinter uns liegt. Nicht ganz so, aber zumindest so ähnlich, geht es auch bei den wegweisenden Automobilmessen: „Nach der IAA ist vor der IAA“, müsste es demzufolge heißen. Denn in zwei Jahren, also 2013, steht die 65. Auflage der weltweit größten Ausstellung zum Thema Personenwagen in Frankfurt/Main wieder an.

Wenngleich sich die Tore der IAA 2011 auch an diesem Wochenende schließen werden, so wird die Ausstellung nicht nur Geschichte sein. Für die Aussteller, und damit in erster Linie für die Autobauer und Zulieferer, gilt es auch Bilanz zu ziehen. Die Reaktionen des Publikums, also ihrer Kunden, richtig einzuschätzen und diese Rückmeldungen vielleicht auch in die Entwicklung ihrer Produkte mit einfließen zu lassen. Denn nichts könnte sich fataler auswirken, als am Kunden vorbei zu produzieren und das künftige Konsumverhalten falsch einzuschätzen.

Wo die Reise hingehen, und wo sie irgendwann einmal auch zwangsweise enden soll und muss, das zeigte Matthias Wissmann, der Präsident des Verbandes der Automobil-Industrie (VDA) während der Messetage auf. „Das Automobil wird künftig noch intelligenter, es wird noch geringere Emissionen haben und stärker mit alternativen Antrieben ausgestattet sein. Langfristig haben wir das Ziel des Null-Emissionsfahrzeugs“, beteuerte der ehemalige Bundesverkehrsminister auf dem „Fachkongress Elektromobilität“.

Das Fokussieren auf die nächsten Jahrzehnte, der Ausbau der Elektromobilität, das Nutzen von Wasserstoff, Brennstoffzelle ist die eine Seite, mit der nicht nur der Verband, sondern vor allem die Produzenten von Fahrzeugen umgehen müssen. Es geht darum, auch in naher und ferner Zukunft persönliche Mobilität sicherzustellen und sie gleichzeitig der urbanen Umgebung anzupassen. Es geht aber auch darum, die durchaus noch länger vorhandene fossile Energie, also Benzin- und Dieselkraftstoffe, sinnvoll zu nutzen. Konventionelle Autos, deren Verbrauch und deren Umweltbelastung kontinuierlich und rapide gesenkt werden, dürfen nicht von vorschnellen Aktivisten verdammt und verteufelt werden.

Junge Leute, das wurde auch mir bei zahlreichen Gesprächen in Frankfurt immer wieder klar, sehen ein eigenes Auto immer noch als ein Stück ihrer individuellen Freiheit an. Sie erkennen darin auch zweifellos als Folge des Zeitgeistes die Notwendigkeit, nicht sinnlos Gummi auf der Straße zu verbrennen und schwarze Wolken in die Hemisphäre zu jagen. Aber gerade für die Neueinsteiger, die 18- bis 20-Jährigen hat das Autofahren auch etwas mit Begeisterung, mit Emotionen zu tun. Das beispielsweise wurde mir deutlich vor Augen geführt, als ich in Frankfurt auf der riesigen Präsentations-Plattform von Volkswagen mit einem jungen Mann über das Forschungs-Objekt „Nils“ ins Gespräch kam. „Der sieht schon geil aus“, bekannte sich der interessierte Gast zu dem eigenwilligen Exponat, um sogleich aber seinen Wissensdurst mit folgender Frage an mich befriedigen zu wollen: „Wieviel PS hat der denn und wie schnell ist der?“

Dieses Verhalten eines einzigen jungen Besuchers mag nicht repräsentativ auch für seine Altersschicht und seine Konsumfähigkeit sein. Eines aber zeigt sie uns als Teilbilanz dieser IAA. Autofahren wird immer – egal mit welcher Energiequelle – etwas mit Begeisterung und mit Emotionen zu tun haben. In zwei Jahren in Frankfurt wieder und dann wird noch lange nicht damit Schluss sein. Und das ist gut so.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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