IAA 2011: Der Elektro-Hype

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Einmal abgesehen von dem etwas populistisch, aber trotzdem inhaltsfernen Motto der 2011er IAA Zukunft serienmäßig, war die Farbe Grün als Symbol für zukunftsorientierte Antriebstechnik allenthalben recht dominant vertreten. Nur wenige Ausnahmen gab es, bei denen weder E-Antrieb noch Hybridtechnik, Brennstoffzelle oder Bioethanol massiv zur Schau gestellt wurden. Trotzdem wirkte die Gesamtatmosphäre der diesjährigen IAA etwas arg angestrengt, teilweise durch Routine etwas lustlos, gar gelangweilt. Als sei man des Zukunftsthemas schon überdrüssig. Nur in der Halle 4, die den Elektroantrieben in Reinform vorbehalten war, ging es äußerst informativ zu, mit Engagement, Sachverstand und Liebe zum Detail. Bei den Großen des Automobilbaus lautete das Motto eher: Wir sind da, wir haben die Lösungen, sind auch schon draußen auf der Straße mit unseren Hybriden und vor allem mit den reinen E-Fahrzeugen.

Das war in der Tat nicht zu übersehen, eher zu überhören: In den kilometerlangen Verbindungswegen zwischen den Hallen wuselten die geräuschlosen Exponate im Straßentrimm durch die Besucher, dass es eine Wonne war. Da fuhren Mercedes-E-Cell-Mobile ebenso herum wie der Opel Ampera und die Kleinflotte von Volkswagen, die sich blue-e-motion nennt. Kurze Strecken innerhalb des Messegeländes führten immer wieder zur Strom-Zapfanlage zurück, so dass keine elektrischen Schwächeanfälle zu befürchten waren, wie sie draußen im öffentlichen Verkehr eher auftreten könnten. Die elektrische Zukunft wird nun auch in Korea wahrgenommen: Hyundai hat seinen Kleinsten, den i10, mit Akkupaketen und Elektromotor bewehrt und schickt ihn ab 2013 zu den Käufern: Die Technik entspricht dem aktuellen Stand: Lithium-Ionen-Polymer-Batterien, die für eine emissionsfreie Leistung von 61 kW sorgen und laut Hersteller für 130 km/h gut sind. Der Alltag wird den Aktionsradius wohl eher auf ehrliche 100 Kilometer Fahrstrecke einzirkeln, da ja auch noch Scheibenwischer, Radio, Innenlicht, Bremsleuchten vom Saft abgezogen werden müssen. Das alles genügt aber, um recht preiswert ein City- und Nahverkehrsfahrzeug zu erstehen.

Gemeinsame Probleme sämtlicher E-Fahrzeughersteller aber müssen noch gelöst werden: Reichweite (die noch zu gering ist für Wochenend- und Urlaubsfahrten), Gesamtgewicht (Akkus sind noch zu schwer), Infrastruktur (flächendeckende Versorgung mit Batterie-Lademöglichkeiten), Entsorgung der Altakkus und anderer elektronischer Komponenten, resp. deren Wiederaufbereitung. Anschaffungs-und Betriebskosten sind ebenfalls wichtige Argumente. Fakt ist aber auch, dass sich in zunehmendem Maße große Hersteller zusammen tun bei der Entwicklung im E-Bereich, um Synergien zu nutzen, Kosten einzudämmen und das Know-how schneller umsetzen zu können. So haben sich Daimler in Stuttgart und der französische Staatskonzern Renault in den letzten Tagen verbündet, um im E-Bereich gemeinsam zu forschen und zu entwickeln. Was allerdings auch die Gefahr beinhaltet, dass landesspezifische Individualismen die Sache zäher machen und damit verlangsamen können. Toyota hat da einen cleveren Weg eingeschlagen: Sie haben sich mit dem US-amerikanischen E-Sportwagen-Vorreiter Tesla zusammengetan, was sicher zu hochinteressanten Lösungen führen wird.

Andererseits gibt es auch eindeutige Fehlentwicklungen, an denen ausgerechnet deutsche Hersteller beteiligt sind: Aus Ingolstadt, Stuttgart, München und Wolfsburg werden Hybridmodelle gezeigt, die außer ihrer ohnehin überbordenden Leistung von Verbrennungsmotoren einen elektrischen Hilfsantrieb aufweisen, der aber überwiegend dem erweiterten Beschleunigungsvermögen der PS-gewaltigen SUV's dient. Rein elektrisches Fahren ist so marginal gering, dass nach wenigen hundert Metern Ende des elektrischen Vortriebs eintritt. Darum wird noch der neue Begriff Systemleistung propagiert, also die gebündelte Kraft aus Verbrennungsmotor und Batteriekraft. Das ist mit Sicherheit eher kontraproduktiv als Weg in eine emissionsarme Zukunft.

KÜS-Online wird an dieser Stelle in der Folge über weitere Überraschungen zum Thema berichten.

Text und Bilder: Frank Nüssel/CineMot

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