Liebe Leserin, lieber Leser,

lassen Sie mich heute aus gegebenem Anlass noch einmal ein paar Begebenheiten und Begegnungen reflektieren, die ich in dieser Woche auf der weltweit größten Automobilausstellung, der IAA in Frankfurt am Main, erlebt habe. Natürlich fährt man immer mit einer gewissen Erwartungshaltung zu einer solchen Veranstaltung,. Wohl wissend, dass der Gigantismus der Ausstellungs-Gebärden wieder zugenommen hat im Vergleich zu den Autoshows der vergangenen Jahre und Jahrzehnte.

Mitunter frage ich mich, ob der Kunde, der ja letztendlich bei solchen Gelegenheiten angesprochen und am besten auch überzeugt werden soll, sich wirklich so leicht (ver)blenden lässt, wie das in diesen grellen Glitzertempeln mit jeder Menge Showeffekten, Stroboskopen sowie halsbrecherischen Tanz- und Ballettvorführungen der Fall ist. Sogar um neue Fahrzeuge aus der Kategorie der Klein(st)- und Kompaktwagen wird mitunter ein akustischer und optischer Trommelwirbel veranstaltet, als sie soeben nach Hunderten von gescheiterten Versuchen das Perpetuum mobile endlich erfunden worden.

Möglicherweise gehen wir Leute aus der Journaille aber auch mit einem völlig falschen Ansatz in diese modernen Götzenburgen der Jahrtausendwende. Vielleicht will sich der Kunde ja gar nicht mal so sehr informieren lassen über ein Fahrzeug, dessen Kauf er in Erwägung zieht. Mag sein, dass der Besuch einer solchen Show-Veranstaltung für ein Großteil der Besucher/innen auch eine Art Flucht aus dem Alltag ist. So eine Art Zirkus-Gastspiel mit (auto)mobilen „Menschen, Tieren, Sensationen“. Einmal staunen, gucken, Nase plattdrücken und über Autos fachsimplen, die man sich ohnehin nie wird leisten können.

Ein persönliches Erlebnis von meinem eigenen Messerundgang, sofern der zwischen Terminen und Pressekonferenzen überhaupt machbar war, möchte ich Ihnen vor diesem Hintergrund nicht vorenthalten. Als ich am hypermodernen Stand von Ferrari deren Messe-Highlight, den neuen F 458 Spider, von allen Seiten fotografieren wollte, stellte sich ein junges, fürchterlich „aufgebrezeltes“ weibliches Etwas federleichten Schrittes vor den bildschönen Italiener. Okay, die junge Dame machte nur das, wofür sie bezahlt wird. So weit so gut. Als ich ihr mit ein paar eindeutigen Handbewegungen klar machte, dass sie mir – zumindest nach meinem persönlichen Empfinden – den Blick auf das Fahrzeug verstellen und damit das Bild „verschandeln“ würde, erschien die junge Dame doch etwas pikiert.

Zugute halten muss ich ihr, dass sie sich dennoch gemessenen Schrittes lächelnd von dannen getrollt hat. Ich dankte mit freundlichem Kopfnicken. Meine leicht süffisante Bemerkung, ich sei schließlich „wegen des Inhaltes und nicht wegen der Dekoration“ da, kommentierte sie übrigens nicht. Wahrscheinlich ist es aber auch besser für mich, wenn ich nie in Erfahrung bringe, was sich mein verscheuchtes Kosmetik-Kunstwerk in diesem Moment wohl gedacht hat. Ein Kompliment wird es wohl kaum für mich gewesen sein.

Ob zu Hause oder vielleicht doch auf der IAA: Ich wünsche Ihnen jedenfalls ein angenehmes Wochenende

Ihr Jürgen C. Braun

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