Damals und heute: Eine KÜS-Mängelbilanz der schlimmsten „Sünden“ in einer Dekade

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Ein Zeitraum von zehn Jahren ist angesichts der mittlerweile 125-jährigen Geschichte des Automobils eigentlich ein kleiner, recht überschaubarer Zeitraum. Betrachtet man eine Dekade allerdings aus der Sicht eines Prüf-Unternehmens, einer professionellen Überwachungsorganisation, die sich das Thema Verkehrsicherheit auf ihre Fahnen geheftet hat, dann sieht das Ganze wieder anders. Spannender nämlich, und sehr viel interessanter.

Der Fragen gibt es viele, die in diesem Zusammenhang unbeantwortet sind. Wie hat sich beispielsweise die „Sicherheitsmoral“ der Teilnehmer am Straßenverkehr innerhalb von zehn Jahren verändert? Sind unsere Fahrzeuge, die ja immer weiter entwickelt werden, im Sinne der allgemeinen Verkehrssicherheit besser geworden? Stehen Aufwand und Ertrag da in einem akzeptablen Verhältnis? Haben sich die erkennbaren und konstituierten Mängel verschoben? Welche Fahrzeugteile sind heute betroffen, hat sich das Mängelbild verändert? Und so weiter, und so weiter.

Anlässlich der 64. Internationalen Automobilausstellung (IAA), die derzeit noch bis zum 25. September in Frankfurt/Main geöffnet ist, ist die KÜS dem „Phänomen Fahrzeugsicherheit“ einmal nachgegangen und hat auf ihrer Pressekonferenz zu Beginn der Messe eine Mängelbilanz und einen Vergleich der Jahre 2000 bis 2010 offen gelegt. Dabei kamen mitunter erstaunliche Ergebnisse zutage.

An einer Grundlage zur Bewertung sicherheitsrelevanter Fragen fehlte es nicht: Etwa 20 Millionen Fahrzeuge (!) fuhren in den vergangenen zehn Jahren in die Prüfhallen und an die Prüfstützpunkte der KÜS zur fälligen Hauptuntersuchung. Der Zyklus eines Automobils, so sieht es zumindest die Industrie, beträgt etwa sieben Jahre von einem Modell bis zur nächsten Variante. Um es einmal plastischer darzustellen: Vom Erscheinen des Volkswagen Golf der jetzigen Generation bis zur Präsentation seines Nachfolgers vergehen in der Regel etwa sieben Jahre. Das ist bei den meisten anderen Autobauern, egal ob deutsche Hersteller oder Importeure, ebenfalls der Fall.

Auf ein aktuelles Fahrzeug bezogen, heißt das, dass ein Neuwagen im Allgemeinen viermal bei der Hauptuntersuchung vorgestellt wurde, bevor das Nachfolge-Modell der nächsten Generation auf dem Markt ist. Viele Fahrzeuge aber haben ein längeres Leben, werden von Besitzer zu Besitzer weiter verkauft und „tanken ihr Gnadenbenzin“ als gut erhaltene Gebrauchte an unseren Zapfstellen. Die meisten von Ihnen sind technisch absolut in Schuss, andere wiederum erhielten auch einen Ehrenplatz im Gruselkabinett der KÜS-Prüfingenieure.

Bei der KÜS-Mängelbilanz wurde unterschieden in den Kategorien „Ohne festgestellte Mängel (OM), „geringe Mängel“ (GM), „erhebliche Mängel“ (EM) und „verkehrsunsicher“ (VU). 51,37 Prozent der vorgestellten Fahrzeuge im Jahr 2000 erhielten bei der KÜS das erstgenannte Prädikat. Zehn Jahre später waren es 53,61 Prozent, was einer Zunahme der mängelfreien Autos von 2,24 Prozent entspricht. Kaum Veränderungen gab es in der Kategorie „Geringe Mängel“: 28,73 Prozent des Jahres 2000 stehen 28,29 Prozent zehn Jahre später gegenüber.

„Erhebliche Mängel“ mussten die KÜS-Prüfingenieure im Jahr 2000 19,86 Prozent ankreiden. 2010 war die Zahl dieser auffällig gewordenen Autos, bzw. ihrer Besitzer, auf 18,08 Prozent gesunken. Eine leichte Verbesserung also. „Schwarze Schafe“, deren Fahrzeuge unter „verkehrsunsicher“ eingestuft wurden, gab es im Jahr 2000 lediglich 0,04 Prozent. Zehn Jahre später lautete dieser Wert 0,03 Prozent.

Am meisten mussten die KÜS-Prüfingenieure 2000 bei den lichttechnischen Einrichtungen den mahnenden Zeigefinger heben. 23,37 Prozent der Probanden hatten Probleme mit der Beleuchtung. Daran hat sich auch heute kaum etwas verändert. 28,27 Prozent der Autobesitzer war auch 2010 immer noch „kein Licht aufgegangen.“ Das heißt nicht nur, dass sie die Mängelbilanz weiterhin anführen, sondern auch, dass ihr trauriger Anteil um fast fünf Prozent in der Gesamtbewertung gestiegen ist.

Dahinter folgen in der „Sünden-Hitparade“ Auffälligkeiten an der Bremsanlage (2000 19,91 Prozent/2010 18,66 Prozent), gefolgt von der Umweltbelastung (2000 16,02 Prozent/2010 14,87 Prozent). Umweltbelastungen resultieren aus Schäden an der Abgasanlage, aus Undichtigkeiten am Motor oder an dessen peripheren Aggregaten. Auch bei den Themen Achsen/Räder/Reifen/Aufhängungen oder Fahrgestelle/Rahmen sowie Wisch-/Waschanlagen mussten die Prüfingenieure der KÜS den Besitzer zu Nachbesserungen auffordern. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich in den vergangenen Jahren wieder ein erheblicher Trend hin zu Korrosionsschäden entwickelt hat.

Der technische Leiter der KÜS, Dipl.-Ing. Christoph Diwo, fasst diese Ergebnisse wie folgt zusammen: „Von einigen geringfügigen Abweichungen abgesehen, hat sich die Mängelstatistik in zehn Jahren Fahrzeugüberwachung eigentlich nicht sehr verändert. Das ist aber nicht nur ein Resultat der Entwicklung und der Produktion von Fahrzeugen, sondern berührt auch das Thema Wartung und Pflege eines Automobils.“ Aus dem Ergebnis dieser Untersuchung zieht Diwo aber auch „die absolute Notwendigkeit der periodischen technischen Überwachung von Fahrzeugen.“

Besonders stolz sind Geschäftsleitung und Mitarbeiter der KÜS auf die Tatsache, dass sich in dem betreffenden, unter die Lupe genommenen Zeitraum, der eigene bundesweite Anteil an der HU fast verdoppelt hat.

Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Bernhard Schoke

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