Folk Friends 1 & 2. (Conträr/Indigo)
Kein Ende in Sicht verkünden derzeit Konstatin Wecker und Hannes Wader auf ihrer jüngst erschienen CD – und sie tun es von respektablen Chartplätzen aus. Gerade für Hannes Wader ist das auch ein Höhepunkt in einer Renaissance seiner Werke, die erst vor kurzem eingesetzt hat. Neben den LP-Frühwerken mit Klassikern wie „Kokain“, „Schon so lang“ und natürlich „Heute hier, morgen dort“ finden sich als CD-Veröffentlichung zwei Alben, deren Entstehungsgeschichte sich heute fast wie ein Märchen aus lang vergangenen Zeiten liest. Die Rede ist von „Folk Friends 1“ und „Folk Friends 2“ , die schon wegen der Covergestaltung durch die Malerin Gertrude Degenhardt (Schwägerin von Franz-Josef) den Kauf wert wären.
Ohne Druck, in einer festgesetzten Zeit ihre Musik als verwertbares Produkt realisieren zu müssen, hielten sie ihre Sessions im Garten und im grossen Zimmer der Mühle direkt vor den Mikrofonen ab. Ein solches „Wohnzimmer“ ist – selbst in der „Abgeschiedenheit“ einer ländlichem Umgebung – kein schalldichtes Studio mit lärmschluckenden Bodenbelägen und dem warnenden Rotlicht Achtung Aufnahme!Hier an Hannes Mühle fuhren die Traktoren der Bauern vorbei und vor ihr balgten sich die Hunde aus der Nachbarschaft. Gelegentlich drangen solche Geräusche durch die geschlossenen Türen und Fenster und gelangen so mit aufs Band. Alle haben diese atmosphärischen Geräusche jedoch bewusst als Nebensächlich angesehen, wenn eine Aufnahme in ihrem Feeling unwiederholbar und einzigartig erschien (z. B. bei Derrolls „Pay Day At Coal Creek“).
Als Hannes Wader in den siebziger Jahren dieses Experiment anging – und die Freude daran hört man den Aufnahmen an – wusste er noch nicht, dass er zwei Klassiker schaffen würde. Immerhin litt er damals noch unter dem Misstrauen der Medien, das Folge eines fatalen Missverständnisses war: Vor einer großen Tournee wollte er 1971 noch einmal rein privat durch Europa trampen und hatte für die Zeit seine Hamburger Wohnung an eine Journalistin namens Hella Utesch vermietet. Die aber war in Wirklichkeit Gudrun Ensslin, nutzte Waders Wohnung zum Testen selbstgebastelter Schalldämpfer, was schiefging und einen horrenden Schaden anrichtete, nicht nur in der Wohnung, sondern auch in Waders Karriere. Der, früh aufgefallen durch sozialkritische, bissige Texte, sah sich plötzlich mit dem Vorwurf des Sympathisantentums konfrontiert. Seine Karriere hätte ohne die couragierte Unterstützung seiner befreundeten Kollegen, darunter Reinhard Mey, ein jähes Ende genommen.
Gut, dass es anders kam, Wader selbst diese Zeit im Rückblick herrlich ironisch beschreibt (etwa im Booklet zur CD „Schon so lang – 62 bis 92“) und er heute (altersweise, aber nicht altersmilde) verkünden kann: „Kein Ende in Sicht.“