Jan Feddersen: Wunder gibt es immer wieder. Das große Buch zum Eurovision Song Contest. Aufbau Verlag; 14,95 Euro.
Es ist sein drittes Buch über den europäischen Gesangswettbewerb. Und Jan Feddersen hat das Kunststück geschafft, nicht einfach einen um ein paar Jahrgänge erweiterten Aufguss zu fabrizieren, sondern sich etwas Neues einfallen zu lassen.
Feddersen ist, was den Eurovision Song Contest angeht, penibler Chronist mit spitzer Feder. Diesmal hat er die Chronik etwas knapper, wenngleich vollständig, wiedergegeben, aber der spitzen Feder mehr Seiten überlassen. Leserinnen und Leser werden es ihm danken.
Denn: Der Eurovision Song Contest, der mal Grand Prix Eurovision de la Chanson hieß, hat einige Veränderungen durchgemacht, seit er 1956 ins Leben gerufen wurde. Anfang der neunziger Jahre wurde er gründlich entstaubt und modernisiert, nachdem das breite Publikum das Interesse verloren hatte. Abstimmungsverfahren wurden modernisiert, und die Öffnung Europas in Richtung Osten bereicherte den Wettbewerb nicht nur um einzelne Songs, sondern um phänomenal ausgerichtete Shows. Manche Länder gelten seit jeher als Lieferanten etwas sperriger Beiträge, andere waren über Jahre hinweg auf Sieg abonniert.
Darüber philosophiert Jan Feddersen, kenntnisreich und stilsicher, aber natürlich wird er hier und da Widerspruch erregen, neben Zustimmung auch Entrüstung hervorrufen. Aber genau das ist das Schöne am Eurovision Song Contest, vielleicht sogar entscheidendes Erfolgsgeheimnis – die Unberechenbarkeit. So ist Joy Flemings deutscher Beitrag von 1975, in Stockholm vor ungüngstiger Akustik und in eigenwilligem Outfit vorgetragen und gnadenlos abgestürzt, heute ein Kultsong. Nicht umsonst heißt er Ein Lied kann eine Brücke sein. Und als 2008 die Diskussion über Nachbarschaftshilfe bei der Punktevergabe der Länder, über die viel zu hohe Zahl der Teilnehmer und die Unmöglichkeit eines überwältigenden Sieges heiß diskutiert wurde, bewies ein 23-jähriger Teilnehmer für Norwegen das glatte Gegenteil: Alexander Rybak holte den Sieg mit der bis dato höchsten Punktzahl beim ESC, es waren exakt 387 bei 42 teilnehmenden Ländern.
Der Wettbewerb, so oft totgesagt, bleibt spannend, auch für den Jahrgang 2010. Genau so spannend bleibt, was Jan Feddersen sich – in einigen Jahren – für ein weiteres Buch zum Eurovision Song Contest einfallen lassen wird.