Liebe Leserinnen und Leser von www.kues.de,

machen Sie sich doch einmal den Spaß und fragen einen, nun sagen wir einmal vorsichtig, recht jungen Nachbarn oder eine Bekannte, die ebenfalls noch nicht zur so genannten älteren Generation gehört, ob ihr ein deutscher Rallye-Fahrer bekannt ist. Okay, Voraussetzung ist, dass er oder sie ein wenig Motorsport-affin ist. Gesetzt den Fall, sie erwischen so jemanden, wissen Sie, was in den meisten Fällen dabei als Antwort heraus kommt? Kein Armin Schwarz, kein Matthias Kahle, kein Hermann Gassner oder wer auch immer. Nein, Sie ahnen es vielleicht schon oder sind sich sogar sicher. Es ist Walter Röhrl. Der lange Regensburger, dessen größten Erfolge inzwischen fast 30 Jahre zurück liegen, ist ein Phänomen. Es ist faszinierend zu sehen, wie selbst Schulbuben, die Enkel des einstigen Weltmeisters oder Monte-Siegers sein könnten, sich um ihn drängen, ihn um Autogramme bitten, wo immer er in der Öffentlichkeit auftritt.

Warum ich heute auf Walter Röhrl komme? Ganz einfach, weil es seit langer Zeit mal wieder eine Meldung aus dem Hause Porsche gibt, die nach den Querelen der vergangenen Monate um den ehemaligen Vorstands-Vorsitzenden Wendelin Wiedeking, einen positiven Charakter hat. Dieser Tage stellen die Zuffenhausener ihren neuen 911 Turbo in Lissabon vor und diesen durchaus exaltierten Termin nahm Porsche zum Anlass, die Verlängerung des Vertrages zwischen dem Franken und dem schwäbischen Sportwagenbauer als dessen Repräsentant bekannt zu geben. Röhrl unterschrieb zunächst für ein weiteres Jahr als Botschafter des Hauses Porsche.

Eine bessere Gelegenheit, um sich selbst zu schmücken, hätte man nicht wählen können. Walter Röhrl ist für ein solches Haus in dieser Funktion eigentlich gar nicht zu bezahlen. Er ist viel mehr als nur Repräsentant, den man zum Fenster heraus hängen lässt. Er ist auch Versuchsfahrer, dessen Erkenntnisse in die aktuelle Serienproduktion mit einfließen. Vor allem aber ist er eines. Er ist ein Sympathieträger ersten Ranges, der quer durch die Generationen und durch alle möglichen sozialen Schichten ein Begriff und zudem hoch geachtet ist. Wenn von irgendwelchen mehr oder weniger erfolgreichen Motorsportlern, egal welchen Genres, längst keine Rede mehr sein wird, dann steht der Name Walter Röhrl immer noch für Können im Auto par excellence.

Bei einem meiner vielen Treffen mit Röhrl in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten habe ich ihn einmal bei der Deutschland-Rallye gefragt, worauf er denn selbst seine überaus große Popularität auch nach so vielen Jahren zurück führe. Er antwortete, so wie es seine Art ist im Leben, bescheiden, aber bestimmt und geradeaus. Vielleicht, weil ich nie die Sau markiert habe. Ich war schnell auf der Wertungsprüfung, aber ich habe nie den Führerschein verloren, weil ich ein Rowdy war. Ich habe mich immer an Regeln und Gesetze gehalten. Die Straße ist kein Wildwest-Film. Und ich glaube, wenn der Röhrl sowas sagt, nehmen ihm die Menschen das ab.

Das Haus Porsche kann man zu einem solchen Fahnenhalter nur beglückwünschen. Im Übrigen haben sich die beiden Hersteller Porsche und Audi in diesem Jahr, in dem die Ingolstädter ihren 100. Geburtstag feiern, darauf geeinigt, dass Röhrl, der einen Großteil seiner Erfolge im Audi Quattro feierte, offiziell fremd gehen darf. Es gibt ein paar ausgesuchte, selektive Events, in denen Röhrl, der auch ein ganz hervorragender Skifahrer, Radfahrer und Ruderer ist, in einem Geburtstags-Audi Platz nehmen und auch entsprechend chauffieren darf. Zusammen mit seinem damaligen Co. Christian Geistdörfer. Eine bessere Entscheidung hätten die beiden Autobauer mit der großen deutschen Sportwagen-Tradition nicht treffen können.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser ein angenehmes Wochenende. Und wenn Sie etwas ausfahren wollen am vielleicht Goldenen Oktober-Sonntag, beherzigen Sie das, was Deutschlands wohl bekanntester Autofahrer der vergangenen Jahrzehnte über sich selbst gesagt hat. Die Straße ist kein Wildwest-Film. Und wenn der Röhrl das sagt, dann glauben ihm die Leute das.

Ihr Jürgen C. Braun

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