Zukunftsweisende Konzepte, im Wortsinne spannende Neuheiten und jede Menge schöner Autos: die IAA bot eine Menge Gesprächsstoff. Da entging manchem, dass sich die Messe auch als Treffpunkt der Branchengrößen bestens eignet. Erstmals traten während der IAA die Forschungschefs der deutschen Hersteller gemeinsam auf, um unter Leitung von Verbandspräsident Matthias Wissmann ihre Konzepte für die mobile Zukunft vorzustellen. Dabei wurden durchaus mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede offenbar. Besonders das Thema Elektroauto trieb alle um.
Am E-Auto führt kein Weg vorbei erklärt Audi-Entwicklungschef Michael Dick und ist sich dabei mit seinen Kollegen vom deutschen Wettbewerb einig. Als Schlüsseltechnologie bei der Entwicklung des elektrischen Antriebs sieht er zudem den Leichtbau an, weil das zusätzliche Gewicht von Batterien kompensiert werden müsse. Thomas Weber, bei Mercedes verantwortlich für Forschung und Entwicklung, schränkt allerdings ein, dass die Elektrifizierung nur beim Kleinwagen ein Muss sei. Für Luxusfahrzeuge biete sich auch in Zukunft die Hybridtechnik als Lösung an. Ergänzend dazu führt Ulrich Hackenberg, Entwicklungsvorstand von Volkswagen aus, dass das jeweilige Antriebskonzept passend zu den Ansprüchen der Märkte entwickelt werden müsse. Das könne Elektrifizierung ebenso sein, wie ein weiteres Downsizing der Verbrennungsmotoren und die Kombination mit Hybridsystemen. Gemeinsam arbeiten alle am Schwachpunkt des E-Autos: der Batterie. Nach derzeitigem Stand scheint sich die Lithium-Ionen-Batterie als gangbare Lösung durchzusetzen, wenn man einigermaßen alltagstaugliche Reichweiten erzielen will. Alltagstauglich, das heißt aus Sicht der Entwickler 100 bis 150 Kilometer. Mehr ist kaum machbar, wenn das Auto nicht nur aus Batterien bestehen soll. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Batterie auch ein Autoleben lang hält.
Um die Kosten der Batterie in den Griff zu bekommen, streben die Unternehmen eine enge Zusammenarbeit bis an die Vermarktungsgrenze an. Das heißt, wenn sich eine Lösung als besonders tragfähig erweist, wird sie allgemein übernommen. Unterschiede für die einzelnen Marken ergeben sich dann aus der Umsetzung, der Antriebssteuerung und im Feintuning. Eine gemeinsame Lösung ist übrigens schon gefunden. Der Strom für die Batterie kommt über eine standardisierte Kabelverbindung, den sogenannten Männekes-Stecker ins Auto. Außer den Italienern und Franzosen haben sich alle wesentlichen Hersteller schon auf diese Lösung verständigt, wie auch Gerald Killmann bestätigt. Killmann ist der europäische Entwicklungschef von Toyota und somit einer der wichtigsten Wettbewerber der Deutschen.
Bei aller Euphorie über die Möglichkeiten des Elektroautos als Mobilitätslösung für die Stadt weiß aber auch er keine Antwort auf ein logistisches Problem: Menschen in der Stadt haben häufig weder eine Garage noch einen festen Parkplatz. Die Idee, das Auto nachts aufzuladen, damit die tägliche Fahrtroutine mit dem Strom aus der Steckdose erfolgen kann, funktioniert aber nur, wenn alle E-Autos auch ans Netz kommen. Zudem wird ein elektrischer Stadtwagen nicht nur zur Einführung der Technologie sehr teuer sein. Während bislang die sogenannten Skaleneffekte einer Großproduktion die Kosten neuer Techniken sehr schnell fallen ließen, sieht es bei den Batterien nicht danach aus, als sei dieser Effekt wiederholbar. Um den Energiegehalt von fünf Litern Diesel in Strom gespeichert zu transportieren, wie es derzeit beispielsweise im elektrischen Smart erprobt wird, werden Batterien benötigt, die etwa 15.000 Euro kosten. Das ist mit den Mittel industrieller Produktion nicht auf ein akzeptables Maß zu reduzieren, wie ein Vorabentwickler hinter vorgehaltener Hand mutmaßt. Eine Leasing-Lösung würde den Kunden heute rund 900 Euro im Monat kosten, was für einen Smart doch weitab des Üblichen ist. Das E-Auto bleibt also auch in Zukunft teuer, auch wenn die Betriebskosten günstig sind.
Erschwert wird der Umstieg auf eine elektrische Mobilität auch durch die Rohstoffversorgung. Lithium ist ein Mineral, das überwiegend in Südamerika vorkommt. Dort wird es hauptsächlich in den Salzseen von Bolivien und in den chilenischen Anden gewonnen. Dort lagern 70 Prozent des weltweiten Vorkommens. Der Preis für Lithium stieg in den vergangenen Jahren bereits um 40 Prozent. Bereits heute werden jährlich über 90.000 Tonnen gefördert. Abbaubar sind aber nur rund 4 Millionen Tonnen. Weil auch Computer, Mobiltelefone und andere Elektrogeräte auf Lithium als Basis ihrer Batterien angewiesen sind, bleibt für die E-Autos eine Menge von 30.000 Tonnen im Jahr. Das reicht für 1,5 Millionen Autos. Allein Toyota will in den nächsten Jahren die Produktion von Hybridmodellen auf eine Million im Jahr steigern. Die Japaner setzen dafür aber noch auf herkömmliche Metall-Hydrid-Batterien und nutzen Lithium-Ionen nur für Plug-in-Hybride und reine E-Autos. Deren Zahl wird wohl weitaus geringer bleiben.
Bleibt auch nach dieser IAA die Erkenntnis, dass der E-Motor am Verbrennungsmotor noch lange nicht vorbeiziehen kann und dass elektrische Mobilität eine andere ist, als die, die wir gewohnt sind.
Text: Günter Weigel