Buchtipp der Woche

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Ralph Caspers: Ich hab's dir ja gesagt. Mutters tollste Sprüche. Rowohlt Taschenbuch Verlag (rororo); 8,95 Euro

Die Pubertät ist die Zeit, in der die Eltern schwierig werden. Das Erwachsenenalter erkennt man unter anderem daran, dass man den eigenen Kindern vieles von dem erzählt, was man von den Eltern seinerzeit so gar nicht hören wollte. Aber was von den vielen guten oder auch nur gut gemeinten Ratschlägen ist denn heute noch gut – und was schlichtweg als falsch entlarvt und überholt? Ralph Caspers hat die gängigen Eltern-Sprüche auf den Prüfstand gestellt.

Mancher der Klassiker darunter ist tatsächlich Schnee von vorgestern – und rettet sich doch von Generation zu Generation in die jeweilige Gegenwart. Zum Beispiel die Geschichte vom gesunden, weil eisenhaltigen Spinat. Und Eisen braucht der junge Mensch schließlich. Das mit dem Eisen stimmt, aber Spinat hat gar nicht so viel davon – da hat sich vor vielen Jahren bloß mal ein Wissenschaftler beim Berechnen in der Kommastelle vertan. Zugunsten des Spinats. Wer ihn also gar nicht sonderlich mag, ob mit oder ohne Blubb, kann ihn getrost stehen lassen: Die inneren Werte, die er zweifellos hat, haben andere grüne Gemüse, die man vielleicht lieber mag, auch. Wer ihn aber tatsächlich liebt, soll ihn auch essen. Sogar aufgewärmt, obwohl das doch nach langjähriger Eltern-Überzeugung so schädlich sein soll. Das stimmt nur, wenn man kalt gewordene Reste in stundenlangem Prozess wieder aufwärmt, dann werden die Nitrate im Spinat zu schädlichen Nitriten. Bei kurzem Wieder-Erhitzen hingegen passiert nichts Schädliches – und schließlich muss sich im Zeitalter des Ceranfelds und der Mikrowelle niemand mehr stundenlang mit dem Aufwärmen von Resten befassen.

Andere Eltern-Weisheiten freilich haben ihre Gültigkeit behalten. Zum Beispiel der Rat, die Hände aus den Taschen zu nehmen. Wer's nicht tut, wirkt – so die Experten in Körpersprache – wie jemand, der etwas zu verbergen hat. Kann im Beruf verheerend wirken, im Privaten mindestens einen unsympathischen Eindruck hinterlassen. Und wer will das schon. Richtig verhält sich (auch da sind sich die Fachmenschen für Körpersprache einig), wer die Arme locker am Körper hält. Signalisiert Ungezwungenheit und Offenheit.

Noch ein Rat, der seine Gültigkeit über Jahrzehnte behalten hat, aber nicht immer eingehalten werden kann: Versprechen muss man halten. Das ist eine Sache der Ehre, aber leider nicht immer praktikabel. Autor Caspers führt das Eheversprechen als Beispiel dafür an – und liegt richtig damit, denn wer kann schon genau wissen, wie sich gerade da die Dinge über viele Jahre hin entwickeln werden.

So ist Ralph Caspers' Analyse eine amüsante Lektüre und zugleich ein kleines Geschichtsbuch, weil auch die Irrtümer und die zwischenzeitlich veralteten unter den tollsten Sprüchen vor dem Hintergrund erklärt werden, vor dem sie entstanden sind – und zumindest in der Vergangenheit auch gegolten haben.

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