Mit einer faustdicken Überraschung endete der letzte gemeinsame Auftritt der Formel 1 Teams vor dem offiziellen Saisonstart. Bei der Test-Session auf der spanischen Grand Prix Strecke von Barcelona war das neu formierte Team um Ross Brawn ganz vorn.
Der ehemalige geniale Lenker in Ferrari-Diensten – ihm wird durch seine nahezu perfekte Zusammenarbeit mit Michael Schumacher ein ganz wesentlichen Anteil an den Erfolgen der Roten zu geschrieben – hatte erst vor kurzem den ehemaligen Formel-1 Rennstall von Honda übernommen. Gerüchten zufolge soll er dafür ein symbolisches englisches Pfund Sterling gezahlt haben. Die Kosten für eine Saison in der Königsklasse des Motorsports sollen trotz der beschlossenen Sparmaßnahmen noch immer im dreistelligen Millionen Dollar Bereich liegen. Für Brawn's Geldgeber scheint sich aber das Engagement auszuzahlen. Zwei Wochen vor dem Saisonstart war sein Team beim einzigen Aufeinandertreffen aller zehn Rennställe das Schnellste. Die üblichen, als Titelaspiranten gehandelten Teams von Ferrari, McLaren-Mercedes und BMW-Sauber fuhren mehr oder weniger deutlich hinterher. Entsprechend waren die Reaktionen. Mehr Verwirrung als Erkenntnisse notierten die Beobachter vor Ort. Besonders hart traf es die Stuttgarter: Sie stürzten mit Weltmeister Lewis Hamilton ans Ende der nur inoffiziellen Rundenzeitenliste ab. Die Roten aus Maranello und die weiß-blauen aus München fanden sich im Mittelfeld wieder. Sebastian Vettel, in diesem Jahr im Red Bull am Steuer, brachte es auf den Punkt: Wenn die in Melbourne genau so stark fahren, dann hat keiner eine Chance. Hintergrund für diese Aussage ist, dass die beiden Piloten von Brawn Grand Prix – Rubens Barrichello und Jenson Button – unter allen Bedingungen auf dem Circuit de Catalunya vorn waren.
Fast euphorisch war die Reaktion des Brasilianers: Das Auto ist eine Bombe. Das habe ich schon nach dem ersten Tag gespürt, meinte der 36-jährige Rekordteilnehmer markig. Mit britischem Understatement brachte Button seine Freude zum Ausdruck: Klar habe ich riskiert, ohne Job darzustehen. Aber ich wusste anhand der Daten, was mich erwartet, wenn das Team überlebt. Mercedes Motorsportchef Norbert Haug meinte: Die sind so gut. Da ist nichts gespielt. Pikant in diesem Zusammenhang: Brawn GP geht nach dem Ausstieg von Honda mit Mercedes Kundenmotoren an den Start. Und auch Force India, ebenfalls mit Mercedes-Power ausgestattet, hinterließ einen ansprechenden Eindruck. Die Silbernen kämpften dagegen mit Aerodynamik-Problemen und fuhren hinterher. Dementsprechend testeten sie gestern auf dem Kurs von Jerez (Südspanien) Modifikationen, um die anströmende Luft effektiver einsetzen zu können. Man will rund um die Uhr arbeiten, um Verbesserungen vorzunehmen. Aber es kann möglicherweise das erste Saisondrittel vergehen, bevor deutliche Steigerungen möglich sind, erklärte Haug abschließend.
Text: Bernhard Schoke, Fotos: Werk & Bernhard Schoke