(Reinhard) Marx und das Kapital

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Er hat die Namensgleichheit schon früher gerne genutzt, um auf die Verantwortung der katholischen Kirche für Gerechtigkeit hinzuweisen: Marx heißen beide, aber während der Philosoph Karl erklärt atheistisch argumentierte, ist der Theologe Reinhard ein schon leidenschaftlich gläubiger Mensch. Und als solcher antwortet er dem Philosophen in einem neuen Buch, das den gleichen Titel trägt wie dessen Hauptwerk. Allein: Bei Reinhard Marx trägt Das Kapital den Untertitel: Plädoyer für den Menschen.

Man mag geneigt sein, den langjährigen Bischof von Trier und heutigen Erzbischof von München und Freising zu fragen: Geht das denn überhaupt zusammen: Kapital und soziale Verantwortung? Haben denn die sich häufenden Meldungen über schwindelerregende Gehälter von Vorstandsbossen nicht längst das Gegenteil bewiesen?

Reinhard Marx antwortet mit einem einfachen Grundgedanken: Nein, dieser Beweis ist nicht erbracht. Es ist ja nicht aus sich heraus von Übel, wenn Unternehmen Gewinne erwirtschaften Allein die Frage, wie mit ihnen umgegangen wird, entscheidet über Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit. Die simple Formel Gewinnstreben = Gier ist ihm zu simpel. Stattdessen: Ein Kapitalismus ohne Menschlichkeit, Solidarität und Gerechtigkeit hat keine Moral und auch keine Zukunft.

Damit beteiligt sich Reinhard Marx an einer gesellschaftlichen Debatte mit einem unkonventionellen Beitrag, so, wie man ihn seit Jahren kennt. Weder erfindet er das Rad neu, noch mimt er den Rebell unter den Etablierten in der Hierarchie der katholischen Kirche. Allein dass er eine ganz eigene Position vertritt, mit der er sich ideologisch nicht festlegen lässt, ist schon rebellisch genug. Zumal er keines der heiklen Kapitalismus-Themen ausspart – am wenigsten die besorgniserregend zunehmende Verarmung von Menschen: Die gebe es doch heutzutage gar nicht mehr, bekommt Reinhard Marx gelegentlich zu hören – was in zu Recht entsetzt, weil das Gegenteil zu offensichtlich ist. Und schließlich: Reinhard Marx wäre nicht Reinhard Marx, würde er sich nicht einen herzhaften Humor bewahrt haben. So antwortet er direkt in der Einleitung seinem Namensvetter (mit dem er auch die Verbindung zu Trier gemeinsam hat) Karl im Hinblick darauf, wie die Geschichte bis heute dessen Theorien bestätigt bzw. widerlegt habe. Und wenn in dem Zusammenhang der britischen Labour Party bescheinigt wird, mit einem Vorsitzenden wie dem amtierenden betreibe sie schlichtweg eine Art Etikettenschwindel, dann beweist Reinhard Marx nicht nur argumentatives Geschick, sondern auch ein waches Auge fürs Tagesgeschehen.

Reinhard Marx: Das Kapital. Ein Plädoyer für den Menschen. Pattloch Verlag; 19,95 Euro.

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