Globalisierung ist für die Automobilindustrie auch künftig relevant. Das jedenfalls belegt die aktuelle Oliver Wyman-Studie Herausforderung Globalisierung: Automobilzulieferer müssten ihre Strategien noch offensiver auf den globalen Wettbewerb ausrichten. Für die Mehrheit der befragten Manager stellt die weitere Globalisierung eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben für ihr Unternehmen dar. Billigkonkurrenten aus Schwellenländern bedrohten die heimischen Märkte in den Industrieländern, diese Regionen bieten jedoch die Möglichkeit zu weiterem Marktwachstum. Die Märkte in Europa, Nordamerika und Japan stagnierten. Die Finanz- und Konjunkturkrise werde die Globalisierungspläne vieler Automobilzulieferer verschieben.
Die Studie belegt, dass im Jahr 2015 Globalisierung eines der wichtigsten Erfolgskriterien für Zulieferer sein wird – knapp hinter Kundenorientierung, unternehmerischem Handeln und Kostenposition. Die Hauptziele einer nachhaltigen Globalisierungsstrategie für Zulieferer liegen im weltweiten Mitwachsen mit den Kunden, im Partizipieren am hohen Wachstum in Schwellenländern und in der Neugewinnung von Kunden. Zudem wollen europäische Zulieferer über Produktion und Einkauf in Niedriglohnländern neue Kostensenkungspotenziale erschließen und Währungsrisiken verringern.
Große Automobilhersteller fahren ihren Produktionsanteil außerhalb des Heimatmarkts bereits seit vielen Jahren kontinuierlich nach oben. Stellte beispielsweise Volkswagen im Jahr 2000 noch 59 Prozent seiner Fahrzeuge in Westeuropa her, werden es 2015 nur noch 38 Prozent sein. Bei Toyota sinkt die Quote von 66 Prozent in Japan hergestellter Autos im Jahr 2000 auf 36 Prozent im Jahr 2015. Diese Entwicklung lässt sich nicht nur bei den Herstellern beobachten. Die gesamte automobile Wertschöpfungskette wächst in den Schwellenländern Asiens, Osteuropas und Südamerikas mit durchschnittlich fünf Prozent jährlich. Das Wachstum in den Ländern der Triade bleibt unter zwei Prozent.
Bisher haben die europäischen Automobilzulieferer jedoch nur einen unterproportionalen Anteil am Wachstum in Schwellenländern. Im wichtigsten Wachstumsmarkt Asien realisieren die Top-Zulieferer lediglich elf Prozent ihrer weltweiten Umsätze, ihre nordamerikanischen Konkurrenten verzeichnen einen Umsatzanteil von 13 Prozent.
Entsprechend beurteilen nur die Top-Unternehmen der Branche ihre globale Aufstellung als befriedigend bis gut. Die meisten anderen bewerten sie mit schlecht. Gerade Mittelständler zeigten sich besorgt über die hohen Risiken einer Internationalisierung und befürchten eine Überbeanspruchung der vorhandenen Managementkapazitäten.
Die Studie zeigt fünf Schritte für eine erfolgreiche Zukunft:
1. Neue Geschäftsbereiche aus lokaler Kunden- und Marktkenntnis entwickeln: Dazu gehören Produkte entwickeln, den Zugang zu Innovationen in Motorsteuerung und Komforttechnologie zu Kosten ermöglichen, die auch für Käufer in Schwellenländern bezahlbar sind.
2. Regionale Umsätze und Gewinne durch Kundenanalyse sowie Ausrichtung von Vertrieb und Entwicklung optimieren: In der Praxis findet sich häufig eine klassische 20:80-Verteilung profitabler und weitgehend unprofitabler Kunden und Produkte.
3. Die globale Organisation und den Produktionsverbund planen: Das internationale Netz von Produktionsstandorten, Entwicklungszentren und Vertriebsstützpunkten muss komplexe Anforderungen erfüllen und mögliche Zielkonflikte berücksichtigen. Dazu gehören Kunden- und Vorlieferantennähe, Infrastruktur, Reaktionszeiten, Produktqualität, Mitarbeiterqualifikation und lokales Know-how.
4. Durch den Aufbau einer globalen Lieferkette Produktkosten senken: Global Sourcing nutzt das wirtschaftliche Gefälle und die unterschiedlichen Fähigkeiten verschiedener Länder, um zu weltweit minimalen Kosten einkaufen und Einsparungen von 20 bis 40 Prozent zu realisieren.
5. Günstige Gelegenheiten zum Kauf nutzen: Internationale Mergers & Aquisitions ermöglichen einen schnellen Marktzugang, ein rasches Erreichen kritischer Größen und den Zukauf von Know-how und Technologien.
Oliver Wyman ist eine internationale Managementberatung mit weltweit 3.300 Mitarbeitern in mehr als 40 Büros. In München, Frankfurt/Main, Düsseldorf, Hamburg und Zürich arbeiten 560 Personen.
Text: Erwin Halentz, Fotos: Bosch/Erwin Halentz