Mehr Leistung und Drehmoment und dabei weniger Kraftstoffverbrauch – das ist das Traumziel aller Motoreningenieure. Mit dem Audi valvelift system, das die Steuerung der Einlassventile beim Benzinmotor auf innovative Art managt, verspricht Audi den Schritt vom Wunsch zur Wirklichkeit. Audi nutzt diese Technologie für seine direkteinspritzenden V6-FSI mit 2,8 und 3,2 Liter Hubraum im A4, A5, A6 und A8.
Intelligenz ist Kopf-Sache, auch bei Motoren. Das Ziel ist es, die Ventile so zu steuern, dass die Brennräume in jeder Situation ideal gefüllt werden. Einen ersten Durchbruch brachte vor Jahren die Verdrehung der Nockenwellen über Stelleinrichtungen – sie erlaubte es, die Öffnungs- und Schließzeiten der Ventile zu variieren. Das Audi valvelift system realisiert nun den nächsten Schritt – die variable Steuerung des Ventilhubs und damit die Beeinflussung des Ansaugquerschnitts.
Das Funktionsprinzip: Die beiden Einlassnockenwellen sind mit Verzahnungen versehen. Auf ihnen sitzen jeweils drei so genannte Nockenstücke – zylindrische Hülsen, deren Außenseiten spiralförmige Nuten tragen. In die Leiterrahmen der beiden Zylinderköpfe sind jeweils sechs Metallstifte integriert, die, von blitzschnell schaltenden elektromagnetischen Aktuatoren angetrieben, um vier Millimeter ausfahren. Je zwei von ihnen sind für ein Nockenstück zuständig.
Jedes Nockenstück trägt nebeneinander zwei Profile für kleine und große Ventilerhebungen. Nach rechts geschoben, befindet sich das Nockenstück in der Volllast-Position, hier betätigen die fülligen Volllastprofile (in der Zeichnung rot) die besonders schmal bauenden Rollenschlepphebel. Sie öffnen die beiden Einlassventile mit einem Hub von 11,0 mm – ideal für hohe Füllmengen und Strömungsgeschwindigkeiten.
Bei Teillast wird das Nockenstück durch den linken Pin nach links verschoben – jetzt werden die kleinen Nocken-Profile (grün) aktiv. Sie öffnen die Ventile mit geringem und unterschiedlichem Hub, er beträgt nur 2,0 beziehungsweise 5,7 Millimeter. Diese asymmetrische Öffnung führt dazu, dass die Ansaugluft zugleich spiral- und walzenförmig rotierend einströmt. Dieser Drumble, der von Kanten und Erhebungen im Brennraum und einer speziellen Form des Kolbens unterstützt wird, macht die bei FSI-Motoren sonst notwendigen Ladungsbewegungsklappen im Ansaugtrakt überflüssig.
Die Umschaltung zwischen den Ventilhüben findet im Bereich von 700 bis 4.000 1/min statt, sie vollzieht sich binnen zwei Kurbelwellenumdrehungen. Ein Bündel kurzfristiger Eingriffe – ein Wechsel auf Spätzündung, das Verstellen aller vier Nockenwellen und das Schließen der Drosselklappe – verhindert Drehmomentsprünge. Was der Fahrer spürt, sind ein gleichmäßiger Kraftaufbau und ein spontanes Ansprechverhalten.
Der wichtigste Effekt besteht jedoch darin, dass der Kraftstoffverbrauch um bis zu sieben Prozent sinkt. Ihre größten Einsparpotenziale erzielt die AVS-Technologie bei konstantem Tempo im mittleren Teillastbereich. Im sechsten Gang läuft der Motor im Audi A6 2.8 FSI bis 150 km/h mit dem kleinen Ventilhub.
Das Audi valvelift system erlaubt es, die Menge der angesaugten Luft in weiten Bereichen über die Öffnung der Einlassventile zu steuern. Die Drosselklappe kann so auch bei Teillast meist voll geöffnet bleiben, die unerwünschten Drosselverluste sinken stark. Ein technischer Wunschtraum wird Realität – auf einem neuen, intelligenten Weg. Bisherige Lösungen operieren mit zusätzlichen Elementen wie Hebeln oder Tassen zwischen den Nockenwellen und den Ventilen. Sie bringen verschiedene Nachteile mit sich: Die bewegten Massen wachsen, die Reibung steigt, und die Steifigkeit des Ventiltriebs sinkt.
Für solche Probleme verspricht Audi mit dem zweistufig schaltenden Audi valvelift system Abhilfe. Sein unkomplizierter Aufbau macht es drehzahlfest bis 7.000 1/min, das erlaubt hohe Spitzenleistungen. Zudem erleichtert es durch seine Kompaktheit das Packaging der Motoren im Fahrzeug und lässt eine effiziente Fertigung im Baukastensystem zu. Die Komponenten entstehen im Motorenwerk im ungarischen Györ, in dem auch ein Großteil der V6-Motoren vom Band läuft. Audi sieht in der AVS-Technologie, der eine sechsjährige Entwicklungsarbeit zugrunde liegt, eine Lösung mit großem Zukunftspotenzial. Theoretisch lassen sich weitere Ausbaustufen bis hin zur vollständigen Abschaltung einzelner Zylinder realisieren.
Die AVS-Benzinmotoren haben weitere Spezialitäten an Bord. Eine neuartige Sensorik füttert ihr Management mit Daten. Sie bezieht ihre Informationen aus der Position der verstellbaren Einlassnockenwellen und nicht mehr, wie bisher, aus dem Druck im Saugrohr – der ist nämlich bei voll entdrosseltem Betrieb konstant. Beim 2,8-Liter-V6 verstärkt ein Schaltsaugrohr die Wirkung des AVS-Systems. Es erhöht das Drehmoment bei niedrigen und die Leistung bei hohen Touren weiter.
Drosselverluste sind bei konventionellen Ottomotoren unvermeidlich, weil die Motorlast über die Menge der angesaugten Luft geregelt wird. Der Motor saugt gegen den Widerstand der Drosselklappe im Saugrohr an, die bei Teillast nur zu einem kleinen Teil geöffnet ist – diese Drosselung verschlechtert den Wirkungsgrad. Auch beim Audi valvelift system bleibt die Drosselklappe erhalten, sie spielt jedoch nur noch eine untergeordnete Rolle. In verschiedenen Teillastbereichen läuft der Motor sogar völlig ungedrosselt.
Das AVS bei Audi kommt derzeit bei zwei V6-Motoren zum Einsatz – beim 3.2 FSI und beim 2.8 FSI. Exemplarisch demonstriert die AVS-Technologie ihre Stärken im großen Audi A8. Mit dem 2,8-Liter-V6, der 154 kW (210 PS) leistet, verbraucht die Luxuslimousine nur 8,3 Liter Kraftstoff pro 100 km. Die damit verbundene Kohlendioxid-Emission beträgt lediglich 199 Gramm CO2/km – der niedrigste Wert im gesamten Luxussegment.