Murielle Rousseau/Martin Vian: A Table! Die wunderbaren Rezepte meiner französischen Familie.
Gerstenberg Verlag; 19,90 Euro
Rein vom Geburtsjahr her – 1966 – und im Hinblick auf ihren Werdegang – nach Studium der Germanistik und Romanistik Inhaberin einer PR-Agentur – könnte Murielle Rousseau eine Vertreterin der Fast-Food-Generation sein. Umso verblüffender, dass sich die Autorin dieses wirklich zauberhaften Kochbuchs als das genaue Gegenteil herausstellt. Denn A table versammelt Rezepte der traditionellen französischen Küche, und zwar genau so, wie sie Murielle Rousseau von ihren großen kulinarischen Vorbildern übernommen hat.
Übernommen: Bei den Rezepten der Großmutter hieß das vor allem Aufschreiben, denn Mamie, wie die Oma genannt wurde, kochte streng nach Liste. Der Vater hingegen war ein Gemütsmensch durch und durch, so auch in der Küche: Improvisieren und Mengen-Abschätzen per Augenmaß waren durchaus üblich. Indes: Ob streng nach Rezept oder lässig nach Idee – die Resultate, wie sie hier vorgestellt werden, schmecken hervorragend.
Kostproben gefällig? Wie wäre es mit einer original französischen Zwiebelsuppe, die goldbraun überbacken und kochend heiß aus dem Ofen serviert wird? Oder mit einem Blattsalat, auf dem sich kroß gebratene Ziegenkäsescheiben türmen? Oder vielleicht doch die Rinderfilets mit der Beilage aus gebratenen Steinpilzen und Knoblauch? (Für die sich ein Wochenende zum Ausprobieren empfiehlt – nicht nur, weil die Ruhe der Freizeit zu dem Rezept besser passt als das Ende eines Arbeitstages, sondern auch wegen der Zeit, die zum Ausdünsten des Knollengewächses eingerechnet werden sollte). Zu kompliziert? Kein Problem: Die Grundrezepte der leckeren Suppen und den französischen Rührkuchen, zum Beispiel, meistert man locker mit wenig Erfahrung und Zeit.
Das alles wäre aber nur halb so charmant, erzählte Murielle Rousseau nicht auch vom so oft zitierten savoir vivre: Vom täglichen Einkauf auf dem Markt in der Stadt, vom Bäckerauto, das regelmäßig vorfuhr, von der Essenszubereitung in trauter Gemeinamkeit, von der bewussten Konzentration auf den schönen Augenblick gerade jetzt … kurz: Von der Devise, im Alltag die Freude am Leben nicht zu vergessen.
Mag sein, dass die Lebensart, wie sie hier beschrieben wird, nicht in jeden Alltag passt. Für den Fall beschreibt Murielle Rousseau, sicher ohne es so zu beabsichtigen, eine Möglichkeit, den nächsten Urlaub zuhause reizvoll zu gestalten. Eine Frage allerdings lässt sie völlig unbeantwortet: Wie mag die Großmutter es geschafft haben, bei den teilweise doch sehr gehaltvollen Rezepten (vor allem im Käse-Kapitel) lebenslang rank und schlank zu bleiben?