CD-Tipp der Woche

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Goran Bregovic's Karmen (with a happy End).
Mercury 984 8489 / Universal Classics

Bizets berühmte Heroine mit K statt C, als Gypsy-Queen mit starkem Balkan-Akzent?

Das geht. Jedenfalls dann, wenn Goran Bregoviæ seine musikalischen Langfinger im Spiel hat. Der 57-jährige Allroundmusiker und Komponist aus Sarajevo, dessen Filmmusiken von Emir Kusturicas Time of the Gypsies bis Borat reichen, der schon mit Iggy Pop, Scott Walker, Cesaria Evora, Sezen Aksu oder Ofra Haza zusammenarbeitete, hat sich seinen guten, internationalen Namen vor allem durch diese ganz spezielle Art gefühlvoller aber respektloser Kunstwerke gemacht. Ob zum Film, am Theater oder im Konzert mit seiner Wedding and Funeral Band, immer trifft der erklärte Jugoslawe den richtigen Ton zwischen Tradition und Moderne, zwischen Polka und Post-Punk, nah an Klezmer und Kleinkunst, herrlich und haarscharf vorbei an Popsong oder Symphonie. Schon 2004 bastardisierte er Bizet mit seiner Gypsy-Oper Karmen (Untertitel: with a Happy End), die er mit großem Erfolg in Italien, Argentinien, Spanien, Israel, Frankreich und Deutschland zur Aufführung brachte – als Mischung aus Jahrmarkttheater und Oper, wie er selbst es beschreibt. Der Triumph dieser Aufführungen überzeugte ihn schließlich, die Highlights von Karmen im Studio aufzunehmen. In typisch rasanter, hochgradig energischer Art ziehen uns Goran Bregoviæ und seine Wedding and Funeral Band dabei in einen Bann aus Bizet-Melodien, Balkanbeats und den brachialen Breitseiten der Brassband. Das Blech scheppert, die Trommeln wirbeln, die Stimmen gurgeln und schreien – und zwar von der anfänglichen Uvertira bis zum herzzerreißenden Schlussakt von Lamour. Dazwischen gibt der studierte Geiger, Philosoph und Soziologe, der sich eigentlich schon mit Anfang vierzig, nach einer erfolgreichen Rockkarriere mit der Band Bijelo Dugme (Weißer Knopf), auf eine Adriainsel zurückziehen wollte, abwechselnd Gas Gas, gebietet Stop oder gibt ähnlich Unmissverständliches zu verstehen, etwa in Ne Siam Kurve Tuke Sijam Prostitutke. Das brodelt und brennt, mit seltener Dringlichkeit und Sinnlichkeit, ganz wie die Lebensthemen der Protagonistin: Leid, Reiz und Streit. Und am Schluss feiern alle zusammen ein rauschendes Fest: Das große Hochzeitsfrühstück! Goran Bregoviæ's Karmen – with a Happy End stellt sich lebensfroh der Katastrophe in den Weg, wie ein hoffnungsloses Himmelfahrtskommando. Dass diese Gypsy Oper singt und siegt, dass sie mit guter Laune ansteckt und mit musikalischer Kraft aufrührt, macht Mut und Spaß. Vom Anfang bis zum Happy End.

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