Udo Lindenberg: Panik mit Hut. Die Singles 1972-2005. (Polydor)
Zugegeben: Man kann über ihn geteilter Meinung sein. Will heißen: Man kann in Udo Lindenberg entweder einen mehr oder minder schmuddelig wirkenden Säufer sehen, der auch noch grauenhaft nuschelt – oder ihn schlicht und einfach cool finden. Und unverwüstlich dazu, denn am 17. Mai 2006 ist er sage und schreibe 60 Jahre alt geworden. Alkoholische Getränke verwendet er inzwischen bevorzugt zum Malen, für seine Likörelle werden respektable Preise gezahlt. Und wer den Lindenberg zum Hören denn doch lieber mag, ist mit der Panik mit Hut gut bedient: Zum Geburtstag hat Polydor die Singles aus den Jahren 1972 bis 2005 in einer Compilation zusammengestellt, und daraus ist eine respektable Werkschau geworden.
Die Werkschau macht deutlich: Ob man ihn mag oder nicht – dass Udo Lindenberg es war, der in deutschsprachige Popmusik einen lässigen, frechen Ton gebracht hat, ist unbestritten und verdient Respekt. Nicht ohne Grund ist zum Beispiel Alles klar auf der Andrea Doria längst ein geflügeltes Wort. Auch die Reeperbahn – eigentlich ja die Penny Lane – gehört in diese Zeit. Viel später, aber lange, bevor überhaupt an ein Aufweichen der innerdeutschen Grenze ernsthaft gedacht wurde, konnte Udo Lindenberg mit seinem Sonderzug nach Pankow dem sturen Schrat Honny alias Erich Honecker immerhin ein paar versöhnliche Gesten entlocken. Überhaupt – die Politik: Wozu sind Kriege da? – das fragte er vor über 20 Jahren, und der Inhalt des Songs ist heute keineswegs Geschichte.
Und wenn dieses Album mit einem Hallo Angie, das Merkel ich mir abschließt, dann reibt man sich ob Lindenbergs Geburtsdatum ungläubig die Augen, denn allein die Titelzeile ist schon Andrea-Doria-verdächtig. Zeitlose Überlegungen über dies und das wie der Club der Millionäre (und wer hätte nicht irgendwann einmal zu dessen Mitgliedern gehören wollen?) und der König von Scheißegalien machen Lindenbergs Vorreiterrolle seit den frühen siebziger Jahren absolut deutlich.
Aber die beste Seite an ihm, mal ganz ehrlich, ist doch die sanfte. Und so ist den melancholischen und den Liebesliedern ein Großteil der Zusammenstellung gewidmet. Horizont, Airport, Cello und natürlich Ich lieb dich überhaupt nicht mehr dürfen da nicht fehlen.