Bonjour Tristesse: Das Ende der deutschen Rallye-Herrlichkeit

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Wer einen Blick in die Starterliste der Rallye Monte Carlo, mit der am kommenden Wochenende traditionell die WM-Saison beginnen wird, wirft, der wird es schon finden, das große D für Deutschland, das die Herkunft des Fahrers ausweist. Zweimal sogar. Indes: Aaron Burkart und Maike Suhr: Bei aller gebotenen Hochachtung, die man den beiden hoffnungslos unterlegenen Privatiers entgegen bringen mag, das Jahr 2006 ist das – zumindest vorläufige – Ende der deutschen Rallye-Herrlichkeit. Nachdem der oberste Quertreiber der Nation, der gebürtige Franke und Wahlmonegasse Armin Schwarz (42) mit dem letzten WM-Lauf der Saison 2005 das WM-Cockpit endgültig verlassen hat, ist Tristesse in deutschen Rallye-Landen angesagt. Die Auto-Nation Deutschland, die einst mit dem zweifachen Weltmeister Walter Röhrl (1980 und 1982) einen Kultfahrer gebar und mit Schwarz zumindest noch über einen Zeitraum von fast zwei Jahrzehnten einen permanenten WM-Starter ihr eigen nennen konnte, ist endgültig außen vor.

Dabei lagen die Fans zwischen Garmisch und Flensburg, lange bevor Schumi Gummi gab, den Driftkönigen zu Füßen. Wenn der Lange aus Regensburg in den Achtzigern der skandinavischen Konkurrenz um die Ohren fuhr, wenn der Mann aus Oberreichenbach den Tanz auf der Rasierklinge mit Tod und Teufel wagte, dann standen Hunderttausende an den Wertungsprüfungen, fühlten sich eins mit ihren Idolen, die ja nichts anderes fuhren als aufgemotzte Karossen, die sie selbst im Alltag auch bewegten. Wer einen Fiat, Audi, Ford, Toyota oder was auch immer wie der Leibhaftige selbst um die Spitzkehren jagte, der war einer von ihnen. Rallyesport, das ist und war der Motorsport des kleinen Mannes. Und es gab halt welche, die das bis zum Exzess perfektionieren konnten.

Doch der Niedergang der deutschen Rallyeszene war Programm. Das Fernsehen, und mit ihnen die Hersteller und Sponsoren zog es an die Rundstrecke. Dort, wo Schumi und Co. oder die Stars der DTM ihre Runden drehten, wo man in VIP-Zelten Champagner degoutierte und nicht in Gummistiefeln durch den Schlamm stapfte, die Kiste Bier und ein paar schlabberige Bratwürste im Gepäck. 2006 wird es zum ersten Mal keine Deutsche Rallyemeisterschaft mehr geben, die Geldgeber haben den Kreiseldrehern den Rücken gedreht.

Irgendwann fahren wir nur noch um ein paar Strohballen herum, das ist nach meinem Verständnis kein Rallyesport hatte der WM-Alterspräsident Schwarz bei der Deutschland-Rallye 2005 gewettert, als er seinen Rückzug erklärte. Zwar hatte es neben Schwarz mit den nationalen Spitzenfahrern Armin Kremer und Matthias Kahle ein paar deutsche Gaststarter bei der WM gegeben, für den großen Durchbruch reichten jedoch weder das Geld noch das Talent. Unvorstellbar, dass einer von Ihnen wie weiland der Bischofschauffeur Röhrl in verschiedenen Autos (Fiat, Opel, Lancia, Audi) viermal die Monte hätte gewinnen können. Schon seit Jahren zehrte der deutsche Rallyesport in seiner jahrelangen Agonie von der verklärten Vergangenheit. Auch damit ist es jetzt vorbei.

Was bleibt, sind die PS-wütigen Rhetorik-Helden um Kai Ebel und Florian König, die auf sündhaft teuren Yachten in Steuerparadiesen residieren und ihre Trainingsrunden drehen, während auf dem Dach ihrer Motor-Homes die nächste RTL-Soap abgespult wird. Keine zum Anfassen wie der Walter, der immer noch seine Wohnung in St. Englmar sein eigen nennt und noch im vergangenen Jahr – nach dem Quell seiner nicht enden wollenden Beliebtheit gefragt – geantwortet hat: Ich bin immer ich selbst geblieben, ich hab' auch nach der WP mal mit den Fans diskutiert und Autogramme geschrieben. Noch Fragen?

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