Die Deutsche Umwelthilfe hat ihre erste Musterklage wegen des Verstoßes gegen die EU-Feinstaubrichtlinie eingereicht. Mittels einstweiliger Verfügung soll das Land Berlin gezwungen werden, die Grenzwerte bei der Feinstaub-Belastung einzuhalten. Nach gültigem EU-Recht dürften pro Kubikmeter Luft nicht mehr als 50 Mikrogramm Feinstaub gemessen werden. Berlin überschritt im laufenden Jahr diesen Wert bereits an über 20 Tagen. Daher reichte die Umwelthilfe nun Klage beim Verwaltungsgericht ein. Sollte das Gericht der Klage folgen, müsste die Bundeshauptstadt Sofortmaßnahmen wie etwa Fahrverbote für Dieselfahrzeuge ohne Rußpartikelfilter ergreifen, sagte Jürgen Resch vor Medienvertretern in Berlin. Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe fügte hinzu, dies gelte nicht nur für Straßen, an denen die Grenzwerte überschritten seien, sondern möglichst für die gesamten Innenstädte. Wenn die Stadt nicht reagiert, handelt sie rechtswidrig, betonte Rechtanwalt Remo Klinger, der die Umwelthilfe berät.
Auch in Dortmund und Düsseldorf wolle die Umwelthilfe vor den Verwaltungsgerichten Klagen betroffener Bürger unterstützen. In Stuttgart und München seien weitere Musterklagen in Vorbereitung. Laut Umwelthilfe tun Dutzende deutscher Städte zu wenig, um die Grenzwerte einzuhalten. Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne): Die Städte müssten für eine Reduzierung der Feinpartikel sorgen. Dabei handele es sich vorrangig um Rußpartikel aus Dieselfahrzeugen. Für die Umweltbilanz der Städte müssten gerade generell die Immissionswerte im Anlieferungsverkehr verbessert werden. Trittin verlangte, auch Altfahrzeuge sollten mit Partikelfiltern nachgerüstet werden, was relativ einfach sei. Die Nachrüstung könnten dann die Länder, die für die Luftreinhaltung zuständig sind, steuerlich fördern.
Die Deutsche Umwelthilfe will die Einhaltung der seit dem 1. Januar 2005 EU-weit verbindlichen Luftreinhaltevorschriften juristisch und politisch auf allen Ebenen beschleunigen. Dies sei angesichts der kürzlich von der EU veröffentlichten dramatischen Zahlen, wonach die Luftbelastung mit Feinstaub allein in Deutschland jährlich zu mehr als 65.000 vorzeitigen Todesfällen führe, dringend erforderlich. Die Deutsche Umwelthilfe unterstützt drei Anwohner der hochbelasteten Frankfurter Allee im Berliner Stadtteil Friedrichshain, die ihre Klage beim Verwaltungsgericht Berlin einreichten. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) warf die Umweltorganisation vor, bei der Umsetzung der erst vor wenigen Wochen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) vereinbarten Eckpunkte zur steuerlichen Förderung des Dieselrufilters weiter zu bremsen.
Angesichts der realen Lage, so die Umweltorganisation, sei die Hinhaltetaktik auf allen politischen Ebenen nicht länger hinzunehmen.
Resch: Die Klagen der Betroffenen geschehen aus reiner Notwehr. Es könne nicht sein, dass die Verantwortlichen in den Kommunen aus Angst vor der Wut der Autofahrer alle schnell greifenden Maßnahmen auf die lange Bank schöben, der Bundesfinanzminister die steuerliche Förderung im Sinne deutscher Autokonzerne verzögere, weil die die Filterentwicklung über Jahre penetrant verweigert hätten und die Länder von der Förderung nichts mehr wissen wollten, weil sie fürchteten, dass sie vom Dieselboom nicht mehr ganz so stark profitieren könnten, wie zuvor erhofft. Resch: Nicht die Umweltschützer sind verantwortlich, wenn jetzt drastische Maßnahmen wie Verkehrssperrungen notwendig werden, sondern diejenigen, die jahrelang glaubten, sich aus der Verantwortung stehlen zu können.
Das Land Berlin sei verpflichtet, auch so genannte planunabhängige Maßnahmen zu ergreifen, um die Grenzwerte für Feinstäube einzuhalten und damit eine akute Gesundheitsgefährdung seiner Bürger zu verhindern. Es gehe darum, effektive und unmittelbar wirksame Maßnahmen zur gezielten Reduzierung von Feinstäuben zu ergreifen. Konkretes Ziel der Klage sei, das Land Berlin zur Ergreifung von planunabhängigen Maßnahmen zu zwingen. Die könnten zum Beispiel in Fahrverboten für Dieselfahrzeuge ohne Partikelfilter bestehen. Oder der Senat könnte zur Aufstellung eines Aktionsplans verpflichtet werden, der diesen Namen verdient und konkrete Maßnahmen bereits im Jahre 2005 vorsieht.
Text und Foto: Erwin Halentz