Dieselkraftstoff: Schon bald aus Erdgas?

Der Mineralölhersteller Shell bietet ab sofort unter dem Namen V-Power Diesel eine zweite Diesel-Sorte für Pkw an. Dem neuen Diesel sind fünf Prozent des synthetisch aus Erdgas hergestellten Kraftstoffs GTL (Gas to Liquid) beigemischt. Shell sieht V-Power Diesel als ersten Schritt hin zu völlig synthetischen Kraftstoffen, die ohne Rohöl auskommen. V-Power Diesel ist zum Startpreis von 99,9 Cent zuerst in Tankstellen in Hamburg und Berlin erhältlich und wird anschließend 5 Cent mehr kosten als herkömmlicher Diesel. Bis Anfang 2005 wird am Shell-Tankstellennetz in Deutschland und Österreich flächendeckend eine zweite Dieselzapfstelle eingerichtet sein.Für den Mehrpreis verspricht der Vorsitzende der Shell Deutschland Oil GmbH, Josef Waltl, einen echten Kundenvorteil. So reinige V-Power Diesel schon nach drei Mal Tanken verkokte Einspritzdüsen moderner Dieselmotoren und sorge so für ein messbares Leistungsplus zwischen drei und sechs Prozent. Den eigentlichen Vorteil des neuen Kraftstoffs haben aber die Motorenentwickler. Für Wolfgang Steiger, Leiter der Konzernforschung bei VW ist es der erste Schritt in die nachhaltige Mobilität. Der fünf Prozent-Anteil von GTL im neuen Diesel markiert erst den Beginn. Wünschenswert wäre an Anteil von etwa 50 Prozent. Dann würden die künftigen Dieselmotoren auf diesen Kraftstoff hin entwickelt und könnten, so Steiger, ohne Partikelfilter auch die derzeit geplanten Grenzwerte von EU 5 einhalten. Fast alle relevanten Schadstoffe ließen sich um 40 bis 60 Prozent reduzieren. GTL hat die Eigenschaften von raffiniertem Diesel, verbrennt aber völlig russfrei. Durch die Beimischung bei V-Power verbessert sich das Russverhalten gegenüber normalem Diesel. Zusätzliche Additive sorgen darüber hinaus für die Reinigung der Einspritzdüsen.
Eine Erhöhung der GTL-Quote im Diesel scheitert derzeit noch an der Verfügbarkeit des synthetisch aus Erdgas hergestellten GTL. Die einzige Raffinerie sitzt in Malaysia und produziert täglich etwa 12.500 Barrel. Eine Größere mit der zehnfachen Kapazität wird zurzeit in Quatar geplant und erfordert eine Investition von rund fünf Milliarden Euro. GTL wird als Fertigprodukt per Schiff nach Deutschland gebracht und dort in einer Raffinerie in Hamburg mit herkömmlichem Diesel und einer Reihe Additive zu V-Power Super gemischt.
Die derzeitigen Rohölpreise helfen Shell, den synthetischen Kraftstoff GTL wirtschaftlich zu produzieren. Ab 20 Dollar pro Barrel Rohöl ist der synthetische Stoff zu marktgerechten Preisen herstellbar.

Im vergangenen Jahr hatte Shell mit großem Marketing-Aufwand V-Power 100 als hochoktanigen Otto-Kraftstoff eingeführt. Seitdem tanken sechs Prozent der Kunden diesen teuren Kraftstoff. Die Quote bleibe auch bei steigenden Preisen stabil, berichtet Josef Waltl. Außerdem sei die Zahl der V-Power 100-Kunden doppelt so hoch wie die des Vorgängers mit nur 98 Oktan. Für V-Power-Diesel rechnet Shell mit einem Anteil von 15 Prozent am Pkw-Diesel-Geschäft.

(Text: Günter Weigel)

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