Jonas Winner: Davids letzter Film. Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv); 8,95 Euro.
Der Raum ist vollständig gekachelt. Boden. Wände. Decke.In der Mitte des Fußbodens befindet sich ein Abfluss. Direkt darüber steht eine Pritsche mit höhenverstellbarem Kopfende, mehreren Riemen und einem Ausleger für den Arm. Auf der Pritsche liegt ein junger Mann. Fast noch einJunge. Seine Augen sind tief in die Höhlen gesunken. Er blinzelt, sieht irritiert aus, verschreckt. Seine Gesichtszüge wirken ein wenig grobschlächtig. Die Stirn ist niedrig, der Mund breit. Der Mann, der vor ihm steht, trägt einen weißen Kittel und sieht aus wie ein Arzt. Er ist blond, die Brille auf seiner Nase randlos. Seine Hände, lang und schmal, überprüfendie Riemen. Sie sitzen fest am Körper des Jungen. Der Mann sieht dem Jungen in die Augen. Will er eine Spritze? Der Junge nickt. Er zuckt nur kurz, als der Arzt ihm die Nadel in den Arm sticht, beobachtet, wie sein Betreuer dieFlüssigkeit aus der Kanüle drückt. Sein hastiges Atmen verlangsamt sich. Die Muskeln erschlaffen, er legt den Kopf zurück auf die Pritsche.
Welch ein Stoff: Der Journalist Florian Baumgartner soll den bekannten und umstrittenen Filmemacher David Mosbach porträtieren und dafür seine Kontakte zum einstigen Jugendfreund nutzen. Als Florian im winterkalten Berlin eintrifft, muss er feststellen, dass David seit Tagen spurlos verschwunden ist. Mehr von Sorge um den bewunderten Freund als von journalistischem Eifer getrieben, stürzt sich Florian in seine Recherchen, und ihn überkommt das blanke Entsetzen: Mosbach hat in seinen Filmen nicht nur die Grenzen des Geschmacks, er hat auch die Grenzen der Menschlichkeit überschritten. Kein Wunder, dass die Polizei bereits gegen ihn ermittelt. Nicht wegen einer Kleinigkeit, sondern wegen Mordverdachts.
Jonas Winner kennt das Metier, in dem sein Psychothriller sich bewegt: Nach einem Studium in Berlin und Paris und seiner Dissertation über die Spieltheorie arbeitet er als Reporter und Drehbuchautor.