Auf den ersten Blick ist alles wie es immer ist bei einer Autoshow. Hämmernde Musik, pulsierende Lichter, hochpolierte neue Modelle, die sich, von lebendigen Schönheiten flankiert, dem Publikum präsentieren. Die Qatar Motor Show erhebt bei ihrem Debüt im internationalen Messekalender auch nicht den Anspruch, das Rad neu erfinden zu müssen. Eher belegt sie den Ehrgeiz des Emirats, sich auch in diesem Bereich auf der internationalen Bühne Aufmerksamkeit zu verschaffen. Die Hersteller, die der Einladung in das Doha Exhibitions Centre gefolgt waren, hatten im Gepäck Modelle, die zwar jetzt in der Golfregion Premiere feierten, aber schon zu Jahresbeginn in Detroit zu sehen waren. Andere wie Porsche oder Bentley hatten eigens Gastgeschenke mitgebracht. Aus Zuffenhausen kommt, auf 66 Fahrzeuge limitiert, ein Panamera 4S in Weiß und Rot, der ausschließlich im Mittleren Osten erhältlich sein wird. Bentley kleidete den neuen Flying Spur sowie das Speed-Modell in eine noch luxuriösere Arabia-Variante.
Es zeigten zwar auch Firmen wie Honda, Nissan, Peugeot, Chrysler oder Ford Präsenz in der noch überschaubaren Messehalle von Doha, doch eigentlich ist es der natürliche Schauplatz der Premiummarken wie BMW, Mercedes, Land Rover und Aston Martin. Die Qatar Motor Show, das ist der Wunsch des Schirmherrn Premierminister Sheikh Hamad Bin Jasim Bin Jabor Al Thani, soll sich profilieren als Schaufenster der Concept Cars und futuristischer Designentwürfe. Und so präsentierten auch die italienischen Schneider automobiler Träume wie Pininfarina, Bertone oder Spadaconcept ihre Visionen, wenn auch nicht ganz aktuelle. Dank seiner riesigen Erdgas- und Ölvorkommen ist das kleine Emirat am Zipfel der arabischen Halbinsel das Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt: die Kataris verfügen durchschnittlich über 60.000 Euro. Und anders als in Asien beträgt die Einfuhrsteuer für Fahrzeuge nur fünf Prozent. Zwar sieht man auf den Stadtautobahnen der boomenden 1,2-Millionen-Stadt Doha durchaus betagte Toyotas, aber das Straßenbild wird wesentlich von Limousinen und Luxusgeländewagen geprägt. Das Land ist gut durch die Finanzkrise gekommen und avanciert zu einem immer wichtiger werdenden regionalen Markt wie die Wachstumszahlen der Hersteller beweisen. Zweistellige Zuwachsraten zwischen 30 und 50 Prozent machen Importeure glücklich. Übrigens sucht man an den Tankstellen vergeblich nach der Preissäule.
Bestseller ist der Porsche Cayenne mit einem Marktanteil von über 40 Prozent. Das örtliche Porsche-Zentrum kommt mit den Bestellungen für die Turboversion kaum nach. Wobei ein Drittel der Cayenne-Käufer weiblich ist, was durchaus als örtliche Besonderheit gelten darf. Die Ladies von Katar geben sich allerdings bescheidener und ordern eher den Cayenne S. Auch sie flanierten über die Motor Show und studierten in ihren schmalen schwarzen Gewändern, kunstvoll geschminkt und mit Designerhandtaschen am Arm die dargebotenen Traumwagen.
Es kommt bei einer Automesse wohl eher selten vor, dass ein Rundgang über den Besucherparkplatz so lohnend ist wie ein Spaziergang durch die Show selbst. Jede nur erdenkliche Erscheinung des automobilen Luxus ist vertreten. Man zeigt selbstbewusst und gerne, was man hat. Doha mit seiner beeindruckenden Skyline aus Wolkenkratzern, Rohbauten und Hochhauskränen ist eine kompromisslose Autostadt. Noch. Zur klugen Politik der nachhaltigen Entwicklung, die der Emir Sheikh Hamad ibn Khalifa Al Thani seinem Königreich als Vision 2030 verordnet hat, zählt neben verschiedenen Innovations- und Bildungszentren auch ein städtebaulicher Masterplan, der sich an urbanen arabischen Traditionen im Umgang mit dem extremen Klima orientiert. Unter anderem entsteht gerade ein völlig neuer Stadtteil mit Barahas, den einstigen beschatteten Plätzen zum Flanieren und Verweilen, die aus dem Stadtbild verschwunden waren. Grüne Technologien für die Architektur und Infrastruktur zählen genauso zu diesem Vorhaben wie ein öffentliches Nahverkehrsnetz und unterirdische Parkhäuser. Katar ist konservativer und pragmatischer als der einst schillernde Nachbar Dubai, und hat ganz offensichtlich aus dessen Größenwahnsinn gelernt. Unter Umständen wird die Vision 2030 sogar eher noch Realität als die ehrgeizige emissionsfreie Zukunftsstadt Masdar in Abu Dhabi.
Doch die Lernkurve der Untertanen des Emirs scheint noch sehr steil zu sein. Zu verlockend sind auch für die Golfbewohner die Angebote der aktuellen Prestige-Mobilität. Der Zwiespalt zwischen Anspruch und Wirklichkeit ließ sich gerade am Stand von Volkswagen gut beobachten. Als Weltpremiere zur ersten Motor Show brachte VW seinem wichtigen Finanzpartner die inzwischen dritte Ausbaustufe des 1-Liter-Autos, das Konzept XL1 in Hightech-Leichtbauweise, mit. Katar hat größtes Interesse am Technologietransfer made in Germany, Joint Ventures in Innovationsbereichen wie Leichtbau und Konnektivität in Fahrzeugen sind zwischen Emirat und Konzern geplant. Das mögliche Fahrzeug für die nachhaltigen Megacities von morgen wurde von Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg enthüllt, und gleich danach als weiteres Concept Car für diese Messe: ein Touareg Gold Edition, der üppig hält, was sein Namen verspricht. Um welches Auto scharrten sich wohl die meisten Besucher?
Text und Fotos: Spot Press Services/Alexandra Felts