Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Beschleicht Sie manchmal auch so ein ungutes Gefühl, wenn Sie Bekannte so ganz freundlich mit der Bemerkung „Sag mal, Du hast doch Ahnung von …“ oder „Du verstehst doch was von …“ begrüßen? Meistens geht so was nicht gut aus. Und das aus mehr als nur einem Grund: Einmal, weil der Ansprechende irgendetwas von Ihnen wissen will, was ihm später eine Entscheidung erspart, die dann natürlich völlig falsch ausfällt. Und das führt dann zwangsweise Tage, Wochen oder Monate später zu der Bemerkung: „Aber Du hast doch selbst gesagt, dass …“

Oder aber, der Nachbar, Freund, Bekannte oder was auch immer sucht nur einen unverfänglichen Gesprächseinstieg, um ein bisschen „fishing for compliments“ zu machen und dann zu des Pudels Kern zu kommen: Und dann wird er/sie wahrscheinlich über einem möglichst galanten verbalen Umweg Ihnen entweder zu verstehen geben, was ihn neuerdings an irgendwelchen Verhaltensweisen von Ihnen stört. Zuerst noch im Guten, oder wie man die ersten zarten Mitteilungsversuche dieser Kommunikation nennt.

Warum ich das erzähle? Vor ein paar Tagen besuchte mich ein Handwerker, der irgendwelche Türen und Fenster vermessen sollte und dabei auf das Thema „Automobil“ zu sprechen kam. Was in der eingangs erwähnten Schlussfolgerung gipfelte: „Du schreibst doch über Autos. Also musst Du doch was davon verstehen.“ Okay, ich hatte verstanden, der Mann wollte mich mit auf die Schleimspur ziehen, um dann den einen oder anderen Ratschlag aus mir heraus zu holen. Passieren konnte ihm ja nichts bei seiner Frage nach dem Fahrzeug, was für ihn wohl am Geeignetsten sei. Half ich ihm, war das ja kein Wunder, denn immerhin musste ich ja was von Autos verstehen, und er, der Fragende, war fein raus. Ging es schief, stand ich, und nicht er, später im Regen: „Aber Du hast doch gesagt, dass … usw.“

Also, wie sollte ich mich da schützen vor mir selbst und meinen mir freundlicherweise zugedachten Fähigkeiten über des Menschen liebsten Freund. Nein, nicht den Hund. Das Automobil. Da kam mir ein gütiges Fatum in Form einer ziemlich bösen Mail zu Hilfe, die ich ein paar Tage vorher erhalten hatte. Darin hatte sich der Leser eines Online-Magazins ziemlich heftig über eine Wertung meinerseits beklagt, die sich mit dem Produkt eines bekannten deutschen Autobauers beschäftigte. Er jedenfalls kam zu völlig anderen Ergebnissen, was schließlich zur Manifestation eines Urteils über den Kritikus – in diesem Falle also über mich – führte: „Von Autos können Sie nix verstehen.“

Diese Response kam mir gerade in den Sinn, als der brave Handwerker meinen „fachlichen“ Rat einholen wollte. Ein Klick, schon war das Pamphlet auf dem Bildschirm und voller Stolz über meine dergestalt geäußerte Unkenntnis sagte ich zu meinem Besuch: „Sieh Dir das mal an. An Deiner Stelle wäre ich vorsichtig, wo ich mich erkundigen würde.“ Erst etwas ungläubig staunend, dann sich leicht am Kopfe kratzend, merkte er ganz kleinlaut: „Na ja, ich kann ja noch mal woanders fragen.“

Manchmal, liebe Leserinnen und Leser, sind es auch die vermeintliche schlechten Nachrichten, die sich später als Aphorismus der Vorsehung entpuppen und uns zunütze sind.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein entspanntes und möglichst „Expertise-freies“ Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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