Auf den Messen zählen die Autos von Mazda zu den großen Stars. Denn kein anderer Hersteller aus Japan hat in den letzten Jahren so scharfe Studien ins Rampenlicht gestellt. Doch auf der Straße sieht die Sache ein wenig anders aus. Dort lassen sich die Japaner mit der konsequenten Umsetzung der neuen Formensprache Zeit. Doch geht es nach dem neuen Chefdesigner Ikeo Maeda, ist damit bald Schluss.
Nachdem die Japaner eine Fahrzeuggeneration lang die vorsichtige Evolution gepflegt haben, ist es jetzt wieder Zeit für eine Revolution – und die trägt den Namen „Kodo.“ Den japanischen Begriff übersetzt Maeda mit „Seele der Bewegung“ und meint damit genau jenen Moment, in dem sich die angestaute Energie entlädt: Bei einem Geparden vor dem Sprung, beim Bogen vor dem Schuss oder beim Schwertkampf vor dem finalen Hieb.
Weil das alles ziemlich abstrakt und abgehoben klingt, belässt es Maeda-San nicht bei den schönen Worten und ein paar bunten Skizzen. Stattdessen lenkt er den Blick lieber auf eine atemberaubend schöne Studie, die bis in die letzte Faser der neuen Designlinie folgt. „Shinari“ heißt das viertürige Coupé, das mühelos auch als Jaguar oder Aston Martin durchgehen würde. Was den 4,88 Meter langen Luxusliner ausmacht, sind aber weniger die lange Haube, das flache Dach und oder das knackige Heck. Sondern es sind die markant gebogenen und verdrehten Flächen, die sich wie Muskelstränge über die Flanken ziehen und in scharfen Kanten enden. Außerdem hat der Wagen ein faszinierendes Lichtdesign mit Scheinwerfern wie stechenden Augen und endlich wieder ein Markengesicht, das ebenso unverwechselbar wie unvergesslich ist.
Auch innen fährt Mazda mit dem Shinari in eine neue Dimension: Zwar geht es trotz beinahe drei Metern Radstand unter der flachen Haube ein bisschen eng zu. Doch sind die schlanken Schalensitze für die vier Passagiere trotzdem überraschend bequem. Und durch das fast komplett verglaste Dach entsteht ein lichtes Ambiente, das weit entfernt ist von dunklen Höhlen, wie man sie vom Porsche Panamera oder dem Aston Martin Rapide kennt.
Dazu gibt es ein Cockpit, hinter dem sich der Fahrer wie an Bord eines Düsenjägers wähnt: Alle Schalter und Hebel liegen perfekt zur Hand, und sanft um den Sitz herum geschwungen macht es den Menschen buchstäblich zum Teil der Maschine. Obwohl mit neuen Materialien und vor allem mit neuem Mut gezeichnet, wirken die drei Rundinstrumente auf den ersten Blick wunderbar klassisch. Doch sobald die Lichtinszenierung vorbei ist und alle Bildschirme hochgefahren sind, blickt man in eine moderne Infotainment-Welt, die Mazda pfiffig programmiert hat. Um den Fahrer nicht mit Informationen zu überfrachten, gibt es deshalb drei Modi für Arbeit, Sport und Spiel, in denen unterschiedliche Zusatzinformationen von Kurzportraits der wartenden Geschäftspartner über aktuelle Restaurantempfehlungen bis hin zu detaillierten Routenempfehlungen wie aus einem Rallye-Roadbook eingeblendet werden.
Zwar will der Shinari ein echter Sportwagen sein, dem man mindestens sechs oder besser acht Zylinder und natürlich Heckantrieb zuschreibt. Doch auch wenn der Wagen klingt wie ein Ferrari beim Start, ist zumindest die Designstudie ausgesprochen schmächtig motorisiert. Ein Vierzylinder aus dem Mazda2 steckt unter der Kunststoff- und Kohlefaserhülle, damit den Wagen niemand auf die Bühne schieben muss.
Aber Maeda denkt beim Thema Kodo ohnehin nicht nur an einen Sportwagen, der ihm schon deshalb so am herzen liegt, weil sein erstes großes Projekt bei Mazda der RX-8 gewesen ist und sein Vater ebenfalls vor gut 30 Jahren den RX-7 auf den Weg gebracht hat. Sondern mit ein bisschen Phantasie und Weitblick sieht man im Shinari schon die ersten Züge des nächsten Mazda6, der wohl in zwei Jahren auf die Straße rollt. Und wer mit Maedas Studioleitern aus Oberursel, Yokohama und Kalifornien spricht, lernt schnell, dass die Kodo-Linie auch über pfiffige Kleinwagen oder sportliche Geländegänger passt. „Das bleibt kein leeres Versprechen, sondern das werden Sie bald auf der Straße sehen“, unterstreichen die Kreativen deshalb bei jeder Gelegenheit.
Dass es Maeda ernst meint mit seiner neuen Philosophie und der Konzentration auf die Serie, das erkennt man schon an den Plänen für den Shinari. Das Raubtier auf Rädern soll möglichst bald rollen und nicht zu einem Salonlöwen verkommen – auf der Messe in Paris wird man den Wagen deshalb gar nicht erst sehen.
Text: Spot Press Services/Benjamin Bessinger
Fotos: Mazda