Der Erfolg von Dacia in Deutschland zeigt: Im Land der weltweit besten Premiumautos gibt es eine weit verbreitete Sehnsucht nach Schnäppchen. Neueste Technik, hochwertige Ausstattung, elegant verarbeitetes Interieur – das alles spielt in den Köpfen der Käufer keine Rolle mehr, wenn man für 7.000 Euro in einem Neuwagen Platz nehmen darf. Dass der neue Duster diesen Siegeszug nun auch auf das Segment der kompakten SUV ausweiten wird, ist keine besonders wagemutige Prognose, zumal er sogar recht ansprechend gezeichnet ist. Wo soll das noch hinführen, wenn Billigautos plötzlich auch noch gut aussehen?
Praktisch der einzige, der sich dem Duster in den Weg stellen kann, ist der Škoda Yeti: Auch die tschechische Marke genießt den Ruf, ein besonders attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. Selbst das reicht jedoch nicht, um mit dem Duster mitzuhalten; der Rumäne unterbietet den Yeti in allen vergleichbaren Motorisierungen und Ausstattungen um rund 6.000 Euro.
Den günstigsten Duster – einen 1,6-Liter-Benziner (77 kW/105 PS) mit Frontantrieb – gibt es bei allerdings spärlicher Ausstattung schon ab 11.900 Euro, das gleich starke Yeti-Einstiegsmodell mit aufgeladenem TSI-Benziner und ebenfalls nur zwei angetriebenen Rädern kostet mindestens 17.990 Euro. Noch eklatanter ist die Differenz der beiden getesteten Versionen: Der Duster mit 1,5-Liter-Diesel (63 kW/86 PS) und Frontantrieb ist ab 13.900 Euro erhältlich, der Yeti 2.0 TDI 4×4 (103 kW/140 PS) kostet praktisch das Doppelte: 27.590 Euro. Von einem Schnäppchen ist das schon ziemlich weit entfernt.
Optisch begegnen sich die beiden Modelle auf Augenhöhe. Der Duster wirkt wuchtiger und macht noch ein wenig mehr her als der zurückhaltende Yeti mit seinen weitgehend glatten Karosserieflächen. Beide tragen das übliche SUV-Klimbim mit Kunststoffbeplankungen und Unterfahrschutz, doch nur der Rumäne verströmt ein wenig Geländewagenflair, während der niedrigere und auch 20 Zentimeter kürzere Yeti (4,22 Meter gegen 4,31 Meter beim Duster) schon durch seine zierlichere Statur signalisiert, dass er auf Ausflüge ins Gelände keinen Wert legt. In der Realität werden ohnehin beide Modelle auf befestigten Straßen bleiben, weswegen es sich empfiehlt, aus Kostengründen – Mehrpreis, Mehrverbrauch – auf den Allradantrieb zu verzichten. Der einzige wichtige Alltagsvorteil wäre das Plus an Traktion beim Anfahren auf nasser Straße mit dem drehmomentstarken Diesel; ein gefühlvoller Gasfuß tut’s in diesem Fall aber auch.
Und ein Diesel sollte es schon sein: Der passt mit seiner Charakteristik besser zu Fahrzeugen dieses Typs. Der Duster tut sich mit seinem 1,5-Liter-Renault-Motor (63 kW/86 PS) allerdings recht schwer, während der 2,0-Liter-Selbstzünder im Yeti dank 103 kW/140 PS naturgemäß eine bessere Figur macht. Dafür ist der Duster auf dem Papier mit 5,1 Litern Durchschnittsverbrauch einen Liter sparsamer – eine Differenz, die im Alltag durch die größere Souveränität des VW-Diesels wettgemacht wird. Zudem stört im Duster das hohe Geräuschniveau, das einen von vielen Hinweisen darauf liefert, wo sich eigentlich die Preisdifferenz versteckt. Eben zum Beispiel dort: in der Geräuschdämmung, aber auch in der Qualität von Innenraummaterialen und Sitzen, in der mangelnden Variabilität und auch im Klang, mit dem die Tür ins Schloss fällt.
Fahr- und Kurvendynamik sind bei beiden Wettbewerbern nicht die stärkste Disziplin. Vor allem der Duster wirkt hüftsteif und hochbeinig; der Škoda gibt sich handlicher und wendiger, auch die Lenkung ist präziser, doch auch hier sind Wankbewegungen der Karosserie nicht zu vermeiden. Das sind die bauartbedingten Nachteile eines SUV, während die bauartbedingten Vorteile ebenfalls für beide gelten: die erhöhte Sitzposition oder der leichte Einstieg. Und auch das subjektiv höhere Sicherheitsgefühl, das allerdings beim Duster vom fehlenden ESP in den meisten Modellversionen – es ist nur in Verbindung mit dem stärksten Diesel erhältlich – beeinträchtigt wird. Zudem fehlen in der Grundausstattung die Seitenairbags.
Mag der Duster im Innenraum aus manchem Blickwinkel auch wie aus der Zeit gefallen scheinen, so ist er im Vergleich zu den ersten Dacia-Modellen inzwischen recht wohnlich eingerichtet, lässt sich problemlos bedienen und bietet gegenüber dem Yeti dank neun Zentimeter mehr Radstand auch etwas mehr Platz auf den Rücksitzen. Dennoch gelingt dem im klassisch-nüchternen VW/Škoda-Stil gestalteten Tschechen gerade angesichts seiner kompakteren Abmessungen eine noch idealere Raumausnutzung. Dazu tragen auch die verschiebbaren und ausbaubaren Rücksitze bei, deren Stellung je nach Wunsch mehr Beinfreiheit für die Fondpassagiere oder ein größeres Gepäckabteil zwischen 405 und 510 Litern Volumen bietet. Der Duster liegt mit 443 Liter Ladekapazität genau in der Mitte. Wenigstens in dieser Disziplin kommen sich die beiden Kontrahenten also nahe. In den meisten anderen Bereichen könnten sie trotz ähnlicher Positionierung unterschiedlicher kaum sein.
Text: Spot Press Services/mh
Fotos: Dacia, Škoda