Rückrufaktionen größeren Ausmaßes sind derzeit en vogue. Leider. Und davon sind die sogenannten und selbsternannten Premiumanbieter überhaupt nicht ausgeschlossen. Das ist zum Einen beunruhigend für den Kunden. Zum Anderen auch beruhigend, weil Pannen thematisiert werden, die in früheren Zeiten schlicht „unter den Teppich gekehrt“ wurden. Sollte doch der Kunde zusehen, wie er mit seinem defekten Fahrzeug klar kommt. Pressefreiheit ist eben auch was Feines.
Was sich in 2009 so an Anfälligkeiten offenbarte, hat das Deutsche Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) auf der Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes veröffentlicht. Einsamer Spitzenreiter ist mit 28 Prozent an Häufigkeit die Autobatterie. Es folgen mit mehr oder weniger großen Abständen: der Motor, Elektrik/Elektronik, Fahrwerk, Zündanlagen, Verriegelung, Antrieb, Lichtmaschine, Kraftstoffversorgung und Anlasser. Liest man diese Liste mal genauer und erlaubt sich in aller Dezenz eine Wertung, stellt sich heraus, dass 6 von 10 Pannengründen dem elektrischen Bereich zugeschrieben werden müssen, also 60 Prozent! Das Ergebnis darf schlicht als niederschmetternd bezeichnet werden.
Auf der Suche nach den Ursachen landet man selbstverständlich bei den Automobilherstellern. Die aber weisen nahezu jegliche Schuld von sich und schieben den „schwarzen Peter“ auf die Zulieferer. Also genau auf jene Menschen und Betriebe, die vorher bis aufs Blut in den Preisen gedrückt und malträtiert wurden. Das ist nur unfair. Und als „Argument“ einfach zu billig. Schließlich gibt es eine „Hersteller-Haftung“ seitens des Automobilfabrikanten, und die bezieht sich auf das Gesamtprodukt. Basta. Wo kämen wir denn hin, wenn uns die Markenwerkstatt anlässlich eines Defekts oder einer Panne empfehlen würde, uns doch an den Zulieferer X oder Y zu wenden, der sei ja dafür verantwortlich.
So also nicht. Denn der Autohersteller muss über ein zertifiziertes Qualitätsmanagement verfügen, das vom Wareneingang bis zum Funktionsdauertest alles „im Griff“ haben sollte. Sich da aus der Verantwortung zu stehlen, ist unfair. Dazu kommt ein weiterer Faktor: die Modellzyklen, inklusive der Faceliftings, folgen heute in solch unterirdisch kurzer Zeitfolge, dass darunter mit Sicherheit auch die Sorgfalt leidet. Soll aber nicht so sein. Darf auch nicht so sein. Denn wohin käme denn die ganze Hersteller-Lobby, wenn der Kunde zurückschlagen würde mit dem Argument: „Ich zahle nur 80 Prozent des Kaufpreises, den Rest nach 8 Jahren, wenn das Auto keine vom Hersteller zu verantwortende Panne hatte.“ Geht also auch nicht, weil es marktpolitischer Nonsens wäre. Bleibt also: solche Pannen mittels Statistiken, am Besten auch mit Nennung von Namen und Modellen, regelmäßig zu veröffentlichen. Nicht von Lobbyisten-Clubs, sondern von Fachorganisationen und Bundesinstitutionen. Ach ja: man soll ja eine Brandrede nie ohne positive Empfehlung beenden. Hier ist sie: Statt zig Millionen in dümmliche TV-Spots zu stecken, könnte man mit dem eingesparten Geld ja das Qualitätsmanagement verbessern und den Zulieferern etwas mehr Etatmittel zugestehen, um noch bessere Arbeit abzuliefern.
Quod erat demonstrandum.
Text: Frank Nüssel