Die Logistikbranche sieht langsam Land. Auf dem 26. Deutschen Logistikkongress in Berlin bereiten sich schon ein Drittel der Unternehmen mit Investitionen für den Aufschwung vor. Auch Branchen-Primus Deutsche Post präsentiert sich in der Bundeshauptstadt verhalten optimistisch. Dennoch gibt Postchef Frank Appel noch keine Entwarnung, er will sein Unternehmen noch flexibler gestalten. Dazu gehört der neue Geschäftsbereich DHL Solutions & Innovation (DSI), der sich in Berlin vorstellte. Als Innovationsmotor und DHL-übergreifende Zentralfunktion bündelt er die technologischen Entwicklungen des Konzerns und treibt diese weiter voran. Die Logistik wird zur Trendsetter-Branche, sagte der Postchef gegenüber KÜS-Online.
Mit der verbesserten Kooperation als Eine DHL sowie durch die fortgesetzte Verzahnung mit DHL Global Customer Solutions (GCS) soll das Potenzial stärker genutzt werden. Gerade die Bedürfnisse der größten 100 Kunden, die von GCS betreut werden, sind wertvolle Indikatoren, die jetzt frühzeitig in die Entwicklungsprozesse einfließen. Weitere Impulsgeber sind die Erkenntnisse der Post-Zukunftsstudie Delivering Tomorrow – Kundenerwartungen im Jahr 2020 und darüber hinaus. Sie zeigt, dass die Omnipräsenz des Internets, ein nachhaltiges Ressourcenmanagement und der Klimawandel gesellschaftsrelevante Themen sind. Auch die Logistikbranche muss darauf Antworten finden.
Logistiker profitieren von veränderten globalen Entwicklungen und gewandelten Kundenverhalten. Das zeigt sich zuerst in Form steigender Transportvolumina. Die Zunahme des Internethandels, die Individualisierung der Produkte und die Erschließung neuer Märkte versprechen große Entwicklungspotenziale. Dafür muss die Branche massiv in neue Transportwege investieren und in ganz neuem Ausmaß flexibel handeln.
Als einer der größten CO2-Emittenten steht die Logistikbranche in besonderem Maße unter Zugzwang. Der steigende Ölpreis und die Nachfrage der Kunden nach grünen Lieferketten erfordern enorme Investitionen und technologische Innovationen. Eine Möglichkeit zur Einsparung von CO2 bieten Kooperationen mit Wettbewerbern, indem Transportvolumina konsolidiert und so Aufkommen verringert werden. Zugleich öffnet sich mit der Nachfrage nach grünen Lieferketten ein gewaltiger Wachstumsmarkt: Denn Kunden haben erhöhten Beratungsbedarf und erwarten von Logistikunternehmen, dass sie ihnen maßgeschneiderte CO2-arme Transportlösungen konzipieren.
Eine Individualisierung der Transportleistung umfasst auch die Abwägung zwischen Geschwindigkeit und Umweltverträglichkeit: Geht es um die Schnelligkeit bei Lieferungen, sind Kunden nur bedingt zu Kompromissen bereit. Einige Branchenkenner sehen durchaus eine hohe Bereitschaft der Kunden, bei Lieferungen zugunsten der Umwelt auf hohe Geschwindigkeiten zu verzichten. Logistiker werden voraussichtlich separate Transportwege mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten anbieten: mal Lieferung in Echtzeit, mal grüner Transport, mal ein Mischung aus beidem.
Eng mit diesen technologischen Innovationen verbunden ist die Erneuerung der Fahrzeugflotte. Denn Logistiker werden verstärkt in Fahrzeuge mit neuen Antriebstechnologien investieren, die CO2-armen Transport ermöglichen. Mit leistungsstarken und ressourcensparenden Fahrzeugen können auch die Herausforderungen der City-Logistik weitgehend bewältigt werden. Zudem müssen die Mitarbeiter umweltfreundliches Verhalten in ihren Arbeitsalltag integrieren. Unternehmen müssen hierfür Bewusstsein schaffen und entsprechende Richtlinien festlegen (umweltschonende Fahrweise beim Transport oder Papier und Energie sparen im Büro).
Der Privatkundenbereich wird durch den rasant gestiegenen Internethandel massiv beeinflusst. In immer kürzerer Frist müssen die logistischen Systeme auf neue Märkte und Produkte eingestellt werden. Deshalb werden Distributionszentren voraussichtlich für eine weit kürzere Dauer, etwa für ein bis zwei Jahre, geplant. Verschärfend kommt hinzu, dass Logistikunternehmen Antworten finden müssen auf die Flexibilität beim Transport. In Bezug auf neue Transportmöglichkeiten ist das Panel gespaltener Meinung. Die Mehrzahl ist überzeugt, dass es keine neuen Transportmöglichkeiten in Großstädten und Megalopolen geben wird. Dem widersprechen allerdings einige Experten. Sie hoffen gerade im Bereich der City-Logistik auf Innovationen, wie Pipelinenetze, Röhrensysteme oder alternative Transportmethoden. So könnten stillgelegte Schächte oder Öl- und Gaspipelines für den Warentransport umfunktioniert werden.
Insgesamt rechnet die Logistik-Branche für 2009 mit einem Umsatzrückgang bis neun Prozent auf rund 205 Milliarden Euro. Für das kommende Jahr rechnen die Unternehmen wieder mit einem Umsatzplus von einem Prozent.
Text: Erwin Halentz
Fotos: DHL