Liebe Leserinnen und Leser von www.kues.de.

Zwei Fahrzeuge haben mich in dieser Woche ganz besonders beschäftigt. Eines davon ist auch Ihnen mit Sicherheit in jeder Nachrichtensendung und in jeder Tageszeitung entgegen gefahren, vom anderen – das setze ich hier einmal voraus – erfahren Sie erst aus diesen Zeilen. Wären sie nicht in dieser Woche des alljährlichen Sommerlochs gemeinsam in die Schlagzeilen geraten, sie wären auch von mir vermutlich nie in einem Atemzug genannt worden. Bei der Namensgebung des Zweiten kommt mir in Verbindung mit dem Ersten jedoch ein genüssliches leichtes Grinsen über die Lippen. Warum? Es handelt sich um einen Mercedes und einen Opel, deren Entstehungsgeschichte 70 Jahre auseinander liegt, und die das Schicksal des Blätterwalds jetzt hier vereint hat.

Bei den beiden Autos handelt es sich einmal um die funkelnagelneue gepanzerte S-Klasse von Mercedes-Benz, den in den vergangenen Tagen immer wieder zitierten Dienstwagen von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Bei dem anderen um einen uralten Opel, dessen Schicksal jetzt wieder aus den Tiefen eines längst vergessen geglaubten Archivs auftauchte: Der Name wird wohl nur Liebhabern der Marke mit dem Blitz etwas sagen, aber im Zusammenhang mit der Dienstwagen-Geschichte mutet er doch sehr burlesk an. Sein Name: Der Opel Strolch.

In einem alten Archiv der Rüsselsheimer tauchten in diesen Tagen Bilder eines bisher unbekannten Opel-Roadsters auf. Opel-Oldtimer-Experten fanden heraus: Offensichtlich auf Basis der ersten Kompaktklasse-Generation von Opel, dem Kadett aus den 30er Jahren, entstand im Jahr 1938 der Prototyp eines zweisitzigen Cabrios. Zu sehen ist auf den alten Schwarz-Weiß-Fotos auch der recht eigenwillige Name des Autos: Kadett Zweisitzer Strolch. Angesichts knapper Stahl-Ressourcen kurz vor dem zweiten Weltkrieg ging der Strolch nie in Serie. Doch bei weiteren Nachforschungen im Archiv fand sich sogar ein Prospekt des Autos, aus dem dessen technische Eckdaten hervor gingen: 1,1 Liter Hubraum, 23 PS, Dreigang-Getriebe, 98 km/h Höchstgeschwindigkeit.

So viel zu dem alten Opel: Zu dem neuen Mercedes bleibt wohl nur so viel zu sagen, dass er wahrscheinlich einer von vielen unscheinbaren hoch gesicherten Panzern geblieben wäre, wenn ihn böse Buben im sonnigen Süden nicht entführt hätten. Denen war die Promi-Kiste dann wohl doch zu heiß geworden, so dass sie die 100.000-Euro-Karosse irgendwo stehen ließen. Müßig die Frage, ob das automobile Leben im Sog der Gesundheitsreform erfüllender ist, als zeitlebens nur ein Pinselstrich für die Ewigkeit zu sein.

Walt Disney hat in den fünfziger Jahren einen wunderschönen Leinwand-Streifen aufgelegt, der es zum Klassiker gebracht hat: Die Geschichte von Familie Darlings Cocker-Spaniel, der sich in einen streunenden Gassenköter verliebt, ging als Susi und Strolch in die Annalen des Cinemascopes ein. Ulla und Strolch wird dies verwehrt bleiben.

Ich hoffe, dass Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, zumindest ein erholsames Wochenende nicht verwehrt bleibt. Auch ohne Dienstwagen und auf jeden Fall ohne Strolch. Denn den gibt es bekanntlich nur auf dem Papier.

Ihr Jürgen C. Braun

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