Motorisierte Verkehrsteilnehmer, die an einem Omnibus an einer Haltestelle vorbeifahren, unterliegen besonderen Sorgfaltspflichten. Dort ist stets mit Passanten zu rechnen, die vor oder hinter dem Bus die Straße überqueren. Das berichten die Verkehrsrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und verweisen auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 17. Juli 2007 (AZ: 4 U 338/06-108).
Ein Omnibus hatte an einer Haltestelle angehalten, der spätere Kläger war ausgestiegen, einige Meter in Fahrtrichtung des Busses gelaufen und hatte vor diesem die Straße überquert. Der Busfahrer hatte ihm ein Handzeichen gegeben, das der Mann so interpretierte, dass er gefahrlos die Fahrbahn passieren könne. Auf der Straße wurde er von einem Auto erfasst, das in dieselbe Richtung wie der Bus fuhr, und auf den linken Seitenstreifen geschleudert. Die Fahrerin des Wagens fuhr zwischen 50 und 70 km/h, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit betrug 70 km/h.
Der Mann, der einen komplizierten Unterschenkelbruch erlitt, klagte auf Schadensersatz. In der Berufungsinstanz erhielt er Recht. Laut Gericht dürfe an Haltestellen nur vorsichtig vorbeigefahren werden, um so die Straße überquerende Fußgänger vor Unfällen zu bewahren. Dies bedeute, dass die motorisierten Verkehrsteilnehmer mit gemäßigter Geschwindigkeit und erhöhter Aufmerksamkeit fahren müssten. Dies gelte auch für die An- und Abfahrphase des Busses an Haltestellen und selbst dann, wenn dieser schon ein paar Meter zurückgelegt habe. Hier haben Autofahrer stets damit zu rechnen, dass Fußgänger die Fahrbahn passieren wollten. Die beklagte Pkw-Fahrerin habe somit ihre Sorgfaltspflichten verletzt. Selbst wenn sie nur 50 km/h gefahren sei, sei dies für die Situation zu schnell gewesen. Das Gericht legte ihre Haftung bei 60 Prozent fest. 40 Prozent musste der Kläger tragen, da er nicht hinter dem Bus, sondern vor diesem die Straße überquert habe und sich damit grob fahrlässig verhalten habe.
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