Robert Griesbeck: Grauen des Alltags. Von Kundenkarten, Warteschleifen und Gute-Laune-Moderatoren.
Knaur Taschenbuch Verlag; 8,95 Euro
Sie stehen an der Supermarktkasse, wollen nicht mehr und nicht weniger als drei Paar Socken bezahlen – und sehen sich plötzlich der Frage nach einer Kundenkarte gegenüber. Ok, verständlich, denn der Kunde bringt die Kohle, und ein mit Kundenbindung überzeugter Kunde bringt langfristig Kohle. Aber der Kundenkarten-Frage folgt die Frage nach der Postleitzahl Ihres Wohnortes. Warum das so ist, sagt Ihnen die Kassiererin nicht, aber so viel ist klar: Ohne Nennung der Postleitzahl Ihres Wohnortes gehören die Socken zunächst mal nicht Ihnen, da mögen Sie noch so zahlungswillig sein.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Dann spricht Ihnen Robert Griesbeck aus dem Herzen. Der nämlich hat die Tücken und Mucken unseres Alltags mal so richtig unter die Lupe, pardon, auf die Schippe genommen. Und es ist nicht abwegig, was er schreibt: Die einfachsten Dinge des Lebens werden einem unmöglich gemacht.
Ein Beispiel: Sie wollen per Telefon eine Reklamation loswerden, eine Frage zu einem frisch gekauften Produkt stellen, was auch immer. Was erwartet Sie am anderen Ende? Unkundige Menschen? Ja, wenn's denn so wäre, die könnte man ja wie einst Karl Valentin im Buchbinder Wanninger wenigstens noch ansprechen. Nein, Warteschleifen und elektronische Nachfragen sind die Regel: Wenn Sie Anliegen X haben, drücken Sie bitte die 1 oder sagen 'ANLIEGEN X'. Und so weiter. Bis der elektronische Parcours durchlaufen ist, haben Sie hinsichtlich persönlicher Gereiztheit mit einem Anruf ruckzuck ihr üblicherweise zumutbares Wochenpensum überschritten.
Früher sah man sich einen Horrorfilm im Kino an und machte sich dann allein auf den Heimweg, wenn man sich gruseln wollte. Und las Witzbücher, wenn man lachen wollte. In die Welt des Unwirklichen führte das Genre Fantasy. Heute braucht man für diese drei Bedürfnisse nur noch eines – die Bewältigung des ganz normalen Alltags. Das entlarvt Robert Griesbeck in einer Sprache, dass man sich schüttelt. Aber vor Lachen. Und das – wenigstens hier – zum Glück.