Das sind Zahlen, von denen selbst die erfolgsverwöhnte Formel 1 nur träumen kann. Egal ob auf deutschem Boden oder sonst irgend wo auf dem Globus. 220.000 Zuschauer in drei Tagen, Fans aus halb Europa vom nördlichen Skandinavien bis hinunter nach Portugal auf den Beinen. Die Rallye-Weltmeisterschaft ist für viele Enthusiasten immer noch die wahre Königsklasse des Motorsports. Auch, wie der zweifache Weltmeister und viermalige Monte-Sieger Walter Röhrl formulierte, ein Rallye-Fahrer immer der komplettere Fahrer im Vergleich zu einem Rundstrecken-Piloten sein wird.
Vom 15. bis zum 17. August (Freitag bis Sonntag) wird es in Deutschland wieder so weit sein. Rund um die Moselhauptstadt Trier wird der deutsche Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft ausgetragen. Und es geht beileibe nicht nur um Pokale und Meriten in den Büchern der Motorsport-Geschichte, sondern auch um viel, viel Geld. Geld, das die einen mit Herzenslust ausgeben und die anderen ihnen mit viel strategischem Geschick abluchsen.
Citroën, Ford, Subaru, Suzuki: das sind die Hersteller, die in diesem Jahr das Hersteller- und Fahrer-Championat unter sich ausmachen. Peugeot, das lange Jahre mit Fahrern wie Richard Burns oder Marcus Grönholm die Szene diktierte, hat dem Rallyesport Au revoir gesagt und demonstriert statt dessen mittlerweile Diesel-Überlegenheit mit der flachen Flunder 908 bei Langstreckenrennen. Von den Serien-Varianten eines C4, Focus, Impreza oder Swift ist zwar außer dem Markenemblem meist nicht mehr sehr viel übrig, aber Zuverlässigkeit und Beständigkeit der Produkte, mit denen auch in den Händler-Showrooms Kohle gemacht werden soll, werden auf den Wertungsprüfungen nachhaltig unter Beweis gestellt.
Den Herstellern geht es mittlerweile seit einigen Jahren allerdings darum, bei ihrem weltweiten Auftritt, der im Januar mit der Rallye Monte Carlo beginnt, kostengünstiger zu arbeiten. Bereits vor zwei Jahren wurde durch einen neuen Kalender ein Schnitt gemacht, im nächsten Jahr soll erneut durch eine tief greifende Regeländerung weniger Geld auf den Wertungsprüfungen verbrannt werden. Um dann auch wieder dem einen oder anderen Privatteam einen WM-Einsatz zu ermöglichen.
Ein Segen ist die Rallye-Weltmeisterschaft dagegen für die Großregion Trier. Die Veranstalter kalkulieren auch in diesem Jahr mit 20 Millionen Einnahmen aus Handel und Tourismus für die Moselmetropole und die umliegenden Ortschaften. Wissenschaftliche Studien der Universität Kaiserslautern untermauern die Wirtschaftsförderung durch die Rallye. Die Ergebnisse der Analyse: Tagesgäste geben durchschnittlich über 90 Euro aus, Übernachtungsgäste sogar täglich rund 300 Euro. Die Umsatzsteigerung beläuft sich während der Rallye-Woche auf durchschnittlich 55 Prozent im Hotel- und Gaststättengewerbe und bei Tankstellen. Insgesamt werden nach diesen Schätzungen 20 Millionen Euro übrig bleiben.
Aber längst geht auch die Rallye dorthin, wo die Besucherströme und damit die potenziellen Kuden sind und wartet nicht zwischen Weinbergen und auf abgesperrten Militär-Übungsplätzen auf ihre Fans. Eine Innenstadtprüfung am Sonntagmorgen (17. August) in der alten Römer-Hauptstadt Augusta Treverorum (Trier) trägt den beziehungsreichen Namen Circus Maximus. Was noch im vergangenen Jahr scheiterte, wird in diesem Jahr Wirklichkeit. Der Nachrichtensender n-tv wird den PS-Zirkus rund um das Trierer Wahrzeichen, die Porta Nigra live und in voller Länger am Sonntagvormittag übertragen. Einen prall gefüllteren Schauraum können sich die Herren Loeb, Hirvonen, Solberg und Gardemeister, die die Flaggschiffe ihrer Produzenten fahren, nicht vorstellen. Und auch deswegen investieren besagte Importeure in den Rallyesport, während deutsche Firmen ihre vielen Millionen lieber auf der Rundstrecke liegen lassen.
Text: Jürgen C. Braun, Fotos: Oliver Kleinz