Meister der 1 Million Kilometer
In der vergangenen Saison legten alle Starter in der Summe nahezu eine Million Kilometer zurück. Eine Leistung, die sich aus der enorm hohen Teilnehmerzahl und der einzigartigen Streckenlänge von rund 25 Kilometern zusammensetzt. Übrigens: Die zurückgelegte Distanz entspricht exakt 2,45 Mal der Entfernung von der Erde zum Mond. Nach wie vor ist es die Rennstrecke, die mit ihrer Einzigartigkeit die Rennfahrer in ihren Bann zieht. Nach zwei Jahren Bauzeit wurde die Piste 1927 eröffnet und galt fortan als Maß aller Dinge. Seit der Eröffnung blieb die Charakteristik des Nürburgrings im Wesentlichen erhalten. Lediglich die Südschleife wurde stillgelegt und an die Eifelwälder zurück gegeben. Dafür spendierte man dem Ring eine Grand-Prix-Strecke, die dem internationalen Reglement entspricht, um auch die Formel 1 oder andere Weltmeisterschaftsrennserien begrüßen zu dürfen. Auf die altehrwürdige Schleife traut sich die Königsklasse des Motorsportes jedoch nicht mehr. Nach dem Feuerunfall von Niki Lauda 1976 wagte sich Nick Heidfeld mit seinem BMW Sauber F1.06 als erster aktiver Formel-1-Rennfahrer nach 31 Jahren für drei Runden auf die Nordschleife.
Ohne Kiesbetten liegen zwischen Fahrbahn und Leitplanke nur wenige Zentimeter – das verspricht wahres Landstraßen-Feeling, zumal die Streckenbreite tatsächlich nur gute zwei Wagenbreiten misst. Das hält die Rennfahrer des Langstreckenpokals jedoch nicht ab, auf letzter Rille den Kurs zu umrunden, um am Ende in ihrer Klasse und dem Gesamtklassement weit vorne zu stehen. Ex-DTM Fahrer Uwe Alzen umrundete die Strecke in der Saison 2007 am schnellsten: Er durchfuhr die 73 Kurven der Nordschleife in weniger als 8:16 Minuten. Wer die Nordschleife umrundet, sieht sich ständig vor neuen Herausforderungen: Blinde Kuppen, überhöhte Kurven, 11 % Gefälle, 17 % Steigung, das niedrigste Teilstück auf gut 300 Metern und die höchste Stelle bei fast 800 Metern. Das verlangt von Material und Fahrern einfach alles, und wer glaubt, nach wenigen Runden die Strecke zu fahren, der irrt. Nur einen Meter neben der Ideallinie ist der Rundkurs ein völlig anderer. Wie anspruchsvoll die Strecke ist, der sich die Rennfahrer der Langstreckenmeisterschaft ein ums andere Mal stellen, belegt ein Sprichwort der Aktiven: Le Mans ist für die schnellen Fahrer – die Nordschleife für die guten!
Zu den guten Fahrern zählte im vergangenen Jahr das Trio Jürgen und Heinz-Otto Fritzsche und Marco Wolf. Die Drei lieferten sich auf dem von Kissling Motorsport eingesetzten Opel Astra GTC über die gesamte Saison ein hartes aber faires Rennen mit dem BMW Duo Wolf Silvester und Mario Merten. Die beiden BMW-Fahrer mussten sich dem Kissling-Trio mit nur 0,48 Punkten geschlagen geben. Entschieden wurde das Rennen um den Titel sprichwörtlich auf den letzten Metern. Noch zur Halbzeit des letzten Laufs lagen beide Teams gleichauf, erst in der zweiten Hälfte konnte sich der Opel absetzen.
Spannung am Stück, Motorsport in seiner reinsten Form und Stars, die keine sind, findet man nur noch an und auf der Nordschleife bei den Rennen der BF-Goodrich Langstreckenmeisterschaft. Bei dieser Rennserie ist keiner zu alt und kein Auto zu klein, denn es gilt: Erst wer die Grüne Hölle bezwungen hat, ist ein Rennfahrer!
Text: Uwe Meuren
Fotos: Uwe Meuren/Daniel Kürsten