Ein Autofahrer, der wegen der Handynutzung unaufmerksam war, wurde wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ohne Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es als besonders verwerflich an, dass der Mann wegen belangloser Textnachrichten das Leben anderer aufs Spiel setzte. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. März 2022 (AZ: III-4 RVs 13/22). Dies zeigt die Konsequenzen wegen unerlaubter Handynutzung, warnt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Der Angeklagte fuhr an einer Stelle mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h. Während er 15 km/h zu schnell fuhr, las er auf seinem Mobiltelefon zwei Textnachrichten, schrieb eine sehr kurze Antwort und legte das Telefon anschließend in der Mittelkonsole ab. Er hatte dabei nicht bemerkt, dass er sich in einer langgezogenen Rechtskurve drei Personen auf Fahrrädern, einer Mutter mit ihrer 3-jährigen Tochter auf dem Fahrradkindersitz und der davor fahrenden 6-jährigen Tochter, näherte. Als er wieder aufschaute, bemerkte er die Familie zu spät, versuchte noch abzubremsen, kollidierte jedoch mit einer Geschwindigkeit von 82 km/h oder mehr mit den Fahrradfahrern. Durch den Unfall wurde die Mutter getötet und wurden die beiden Mädchen schwer verletzt.
Zu Gunsten des Angeklagten wurde gewertet, dass er bereits früh ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte. Damit hatte er den Kindern eine belastende Aussage in der Hauptverhandlung erspart. Auch zahlte er ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro, für die der Angeklagte einen Kredit aufnahm. Außerdem hatte das Gericht zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er zuvor weder strafrechtlich noch verkehrsrechtlich belastet war.
Zu seinen Lasten wurde die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mindestens 15 km/h berücksichtigt sowie die Bedienung des Mobiltelefons während der Fahrt. Vor allem das Verfassen der Textnachricht stellte eine massive Ablenkung vom Verkehrsgeschehen dar, sodass dem Angeklagten insgesamt eine ganz erhebliche Sorg- und Verantwortungslosigkeit vorgeworfen wurde.
Eine Bewährungsstrafe schied aus. Zwar gab es für den sozial integrierten Angeklagten eine günstige Prognose. Auch lagen deswegen besondere Umstände vor, die die Strafaussetzung einer über ein Jahr hinausgehenden Freiheitsstrafe ausnahmsweise zulassen würden. Das Gericht lehnte sie dennoch ab: „Eine Strafaussetzung zur Bewährung kommt hier jedoch nicht in Betracht, da die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten ist.“ (§ 56 Abs. 3 StGB).
Insbesondere der vorsätzliche Verstoß gegen das Verbot, elektronische Geräte wie Mobiltelefone aufzunehmen und zu bedienen (§ 23 Abs. 1a StVO), war besonders schwerwiegend. Wegen eines belanglosen Austausches von Textnachrichten setzte er sich über dieses Verbot und die dadurch geschützten Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer ohne Bedenken hinweg. Die Tat sei auch Ausdruck einer verbreiteten Einstellung, die eine durch einen erheblichen Unrechtsgehalt gekennzeichnete Norm nicht ernst nimmt und von vornherein auf die Aussetzung einer etwaigen Freiheitsstrafe zur Bewährung vertraut, so das Gericht.