Rosemarie Köhler: Falsches Schmalz und Wiesenwein. Ein sächsisches Nachkriegskochbuch. BuchVerlag für die Frau (Leipzig); 9,90 Euro.
Wenn aktuell Meldungen über steigende Nahrungsmittelpreise immer mehr Menschen verunsichern, kann man ein Buch wie dieses eigentlich nur noch allen zur Lektüre empfehlen, die lesen können. Dass es ein sächsisches Kochbuch ist, wie es der Untertitel betont, ändert nichts an seiner Gültigkeit weit über die (Bundes)ländergrenze hinaus.
Falsches Schmalz und Wiesenwein ist Koch-, Geschichts- und Geschichtenbuch zugleich. Es erinnert an die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, als mit bescheidensten Mitteln Menschen zu versorgen waren. Die Beschaffung des Nötigsten war schwierig, Fett – zum Beispiel für Kuchenteige – ein Luxusgut. Entsprechend wurden Kuchenteige so zubereitet, dass als Bindemittel für die festen Zutaten nur Magermilch oder Vergleichbares benötigt wurde.
Und was es nicht gab, wurde mit dem Verfügbaren nachgebaut. Zwei Beispiele: Das im Buchtitel erwähnte falsche Schmalz war ein kalter ungezuckerter Grießbrei, der mit gebratenen Zwiebeln vermengt wurde. Aus gekochten und roh geriebenen Kartoffeln ließen sich mit Gewürzen Hackbällchen zubereiten. Es nötigt beim Lesen großen Respekt ab, wie viel Phantasie in der Zubereitung und wie viel gesundheitlicher Wert aus den hier genannten Rezepten spricht.
Und machte Mutter Natur dann doch einmal ein großzügiges Geschenk, etwa mit einer reichhaltigen Möhrenernte 1946, so wurde bevorratet, geputzt, zubereitet und für die Zukunft eingeweckt. Heutige Selbstverständlichkeiten wie einfache (billige) Blockschokolade waren bisweilen so rar, dass sie als Diebesgut reich begehrt wurden.
Heute klafft zwischen Industrieländern und Hungergebieten eine riesige Schere, und die Angst davor, sich einfache Nahrungsmittel irgendwann einmal nicht mehr leisten zu können, nimmt allenthalben zu. Welch ein Skandal das ist, macht ein Buch wie dieses erschreckend deutlich – und ist deswegen gerade jetzt besonders aktuell.