KÜS: Herr Lange, für Autofahrerinnen und Autofahrer ist die Entwicklung eines Reifens meist ein „Buch mit sieben Siegeln.“ Beim Neukauf eines Autos machen sich die wenigsten Interessenten auch Gedanken speziell um die Bereifung. Was ist nach Ihrer Erfahrung das Wichtigste bei der Entwicklung eines neuen Reifens?
Dr. Holger Lange: Die Entwicklung eines Reifens ist immer ein Kampf mit Zielkonflikten. Zum einen soll das Gummi gut haften, was mit weicheren Reifen leichter gelingt. Aus Gründen der Verbrauchsreduzierung soll er aber auch leicht rollen. Das wiederum gelingt nur mit einer möglichst harten Mischung. Er soll zwar möglichst lange halten, aber auch in Kurven Grip bieten. Will man alle diese Eigenschaften berücksichtigen und möglichst auf einen Nenner bringen, braucht man das entsprechende Rohmaterial.
KÜS: Wie gehen Sie an die Entwicklung eines neuen Reifens heran?
Dr. Holger Lange: Die Hälfte der Innovationen im Reifen kommt aus dem Material. In unserem Pflichtenheft steht zunächst, wie der Reifen positioniert werden soll. Die Anforderungen sind immer unterschiedlich. Mal muss der Unterbau ziemlich fest sein wegen direkter Reaktionen auf die Lenkung. Mal muss er aus Komfortgründen weicher sein. Berücksichtigt werden muss auch, ob die Mischung eher auf Langlebigkeit oder auf höchste Kurvengeschwindigkeit ausgelegt ist.
KÜS: Was war die Zielsetzung bei der Entwicklung des neuen Hochgeschwindigkeits-Sommerreifens?
Dr. Holger Lange: Die Zielsetzung ergibt sich zum Teil schon aus dem markanten Profildesign. Kaum vorhandene Querprofilierung, große Blöcke. So sieht in der Regel auch ein Pneu für Trainingssessions bei Rennveranstaltungen aus. Zudem sollen die dreieckig ausgeformten Querrillen in den Außenschultern auf nassen Straßen das Wasser aus der Lauffläche transportieren. Und zwar ohne, dass dabei die Fahrstabilität beeinträchtigt wird. Unser Ziel war also kein Geringeres, als tatsächlich den möglichst besten Sommerreifen der Welt zu bauen.
Foto: Jürgen C. Braun